50 Jahre Gemeindeverfassung: Strukturen an moderne Bedürfnisse anpassen

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Im Rahmen des Festakts zum 50jährigen Bestehen der Gemeindeverfassung erinnert Gemeindebund-Präsident Mödlhammer an die Autonomie der Gemeinden. Zudem fordert er das Recht für die Interessensverbände, auf Augenhöhe mit Bund und Ländern Verträge zu schließen: "Es wäre richtig die Gemeinden noch stärker in der Verfassung zu verankern."

Für Österreichs Gemeinden ist der 26. Juni 2012 ein Tag zur Freude: Seit 50 Jahren besteht die österreichische Gemeindeordnung. Dies wurde im Rahmen eines Festakts im Parlament gefeiert. Doch die Gemeindevertreter haben auch den Blick auf die Realität und die Zukunft nicht verloren.

In ihren Begrüßungsworten zeigte sich Hausherrin Nationalratspräsidentin Barbara Prammer stolz, dass so viele Bürgermeister wie noch nie im Parlament sitzen: "Das zeigt die Verbundenheit des Bundes mit den Kommunen." Prammer, die selbst als Gemeindemitarbeiterin ihre berufliche Laufbahn begonnen hat, würdigte die Gemeinden als Ausdruck von Bürgernähe und Service vor Ort und meinte, die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Bedingungen mögen sich in den letzten 50 Jahren verändert haben, was bleibe, sei der Umstand, dass die Menschen in ihrer Gemeinde ihr Zuhause haben.

Gemeinden und ihre Vertretungen stärker in Verfassung verankern

Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer äußerte in seiner Ansprache einen Wunsch: "Es wäre richtig die Gemeinden und ihre Interessensvertretungen noch stärker in der Verfassung zu verankern. Damit könnten wir eine verfassungsmäßige Bestandsgarantie der kommunalen Spitzenverbände erreichen, die uns auf Augenhöhe mit Bund und Ländern verhandeln, und vor allem auch Verträge abschließen lässt. Das würde die Abwicklung vieler Vorhaben deutlich vereinfachen und teure Umwege ersparen." In seiner Rede erinnerte Mödlhammer daran, dass jene Verfassungsnovelle, die man heute feiere, vor 50 Jahren sehr hart erkämpft worden war. "Es hat damals nicht an Versuchen gefehlt, einen Keil zwischen große und kleine Gemeinden zu treiben. Das ist ein Verhalten, das ich auch heute noch immer wieder bemerke."

Keine Gemeindezusammenlegung gegen den Willen der Bürger

Deutliche Worte fand Mödlhammer auch zur Frage der Gemeindefusionen: "Die Gemeinden sind immer wieder für sinnvolle Reformen offen, allerdings nur dann, wenn sie nachweislich etwas bringen und nicht gegen den Willen der Bürger stattfinden. "Man sollte daher auch in der Verfassung festhalten, dass Gemeinden nur nach einer positiven Volksabstimmung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zusammengelegt oder aufgelöst werden", so Mödlhammer. Auch für die aktuelle Diskussion rund um direktdemokratische Möglichkeiten, weist Mödlhammer darauf hin, dass Österreichs Gemeinden Tag für Tag direkte Demokratie leben.

"Mein Appell zu diesem Jubiläum ist: Reden wir nicht groß über die Gemeindeselbstverwaltung, sondern tun wir gemeinsam alles dafür um sie zu schützen, zu stärken und mit Leben zu erfüllen. In jenem Geist, mit dem vor 50 Jahren in diesem Saal die Gemeindeverfassungsnovelle beschlossen wurde", so Mödlhammer abschließend.

Häupl: Kommunale Stimme in Europa unüberhörbar machen

Auch Städtebund-Präsident Bgm. Michael Häupl wies darauf hin, dass repräsentative und direkte Demokratie ineinander gehen müssen. Er strich die hohe Qualität der Infrastruktur hervor und betonte, dass auch die Zufriedenheit der Bevölkerung ein eindeutiges Zeichen ist, die Einrichtungen der Daseinsvorsorge in der öffentlichen Hand zu belassen. Auch im europäischen Kontext sieht er die Rolle der Gemeinden gestärkt: "Wir brauchen ein bürgernahes Volkseuropa. Gesellschaftliche Veränderungen finden in den Gemeinden und Städten statt. Diese Flexbilität sollte ein Vorbild für Europa sein."

Mehr direkte Demokratie und Bürgernähe

Der Festredner Univ.-Prof. Dr. Johannes Pichler, der Leiter des Instituts für Rechtsgeschichte und Europäische Rechtsentwicklung der Karl-Franzens-Universität Graz, zeichnete ein positives Bild der Zukunft der Gemeinden. Er betonte, dass die Menschen den Souverän des Staates ausmachen und dass dies auch in der Debatte um die Direkte Demokratie immer berücksichtigt werden sollte. Das Subsidiaritätsprinzip, das nun durch den Vertrag von Lissabon auch auf EU-Ebene festgeschrieben wird, ist für ihn wesentlich auch in der Zukunft: "Am Ende der europäischen Entwicklung werden die Gemeinden als bürgernächste Einheit und die EU als Repräsentator nach Außen über bleiben. Die nationalen Parlamente werden nur mehr eine kontrollierende Funktion ausüben und eventuell als Bundesrat auf europäischer Ebene vertreten sein." Da diese Entwicklung nicht mehr aufzuhalten sei, forderte er die Bürgermeister auf, dieses Bewusstsein und den Stolz als Europäer auch in die Bevölkerung zu tragen: "Öffnen Sie Ihre Gemeindestube für Open Government. Öffnen Sie Ihre Gemeindestube für direkte Demokratie, aber nutzen Sie das Instrument nicht nach Belieben. Das schadet dem Instrument. Unterstützen Sie direkte Demokratie auch in Brüssel und arbeiten Sie mit am Aufbau einer europäischen Zivilgesellschaft. Bei der bürgernächsten Einheit beginnt der Aufbau der EU."

BM Schmied: Gemeinden sind wichtige Partner"

Unterrichtsministerin Claudia Schmied ist sich der wichtigen Stellung der Gemeinden in der Bildungspolitik bewusst und betonte: "Die Gemeinden sind ganz wichtige Partner in der Umsetzung, ob es sich dabei nun um die Einführung der Neuen Mittelschulen handelt, oder um die Erweiterung der schulischen Tagesbetreuung. Eine gute Schule im Ort ist ein wichtiger Standortfaktor für die Gemeinden. Ich bin stolz, dass wir im vorigen Jahr die 15a-Vereinbarung zustande gebracht haben. Vielleicht können wir ja wirklich bald Direktverträge mit den Gemeinden vereinbaren. Ich wär' dabei."

"Meine Gemeinde in der Zukunft"

Wenn man 50 Jahre in die Vergangenheit blickt, so sollte man den Schwenk in die Zukunft nicht vergessen. Schüler aus zwei Gemeinden zeichneten ihre Vision der "Gemeinde in zehn Jahren". Zum einen die Hauptschule Moosburg mit ihren vielfältigen Visionen, die mit dem Bildungscampus auch teilweise schon umgesetzt werden. Zum anderen gestalteten die Schüler der 4E Klasse des BG/BRG Klosterneuburg eine eigene Homepage zum Thema "Meine Gemeinde in der Zukunft". Nicht abstrakt, sondern ganz praktisch wurden hier bereits einige der Visionen umgesetzt. Darin kann man beispielsweise den Bürgermeister bei Anliegen direkt kontaktieren oder Gefahren in der Gemeinde melden. Auch die Warn-SMS, wenn der Stromverbrauch der Gemeinde zu hoch ist, ist eine einfache, aber deswegen umso genialere Idee, um der Gemeinde beim Klimaschonen zu helfen.

27.06.2012