Aktuelle Bürgermeister-Umfrage:

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Einmal pro Jahr befragt der Österreichische Gemeindebund die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zu aktuellen politischen Sachthemen. Im Vorfeld der „Kommunalen Sommergespräche 2009“, die am 29. Juli unter dem Motto „Mehr Staat – weniger privat“ beginnen, stand die aktuelle Umfrage ebenfalls unter diesem Schwerpunkt.
Zeitgleich zur Bürgermeister-Umfrage wurde eine repräsentative Bevölkerungsumfrage zu den gleichen Themen durchgeführt, um etwaige Unterschiede zwischen der Meinung der Bevölkerung und jener der Ortschefs herausarbeiten zu können. 1.000 Österreicherinnen und Österreicher gaben dabei Auskunft über ihre Erwartungshaltung an den Staat in vielen Bereichen, u. a. auch über ihre Erwartungen im Bereich der Betreuung von Kindern und älteren Menschen.
"Die Ergebnisse sind zum Teil überraschend, die Unterschiedlichkeit der Meinungen zwischen der Bevölkerung und den Bürgermeister/innen ist in manchen Fällen sehr gering, in anderen Bereichen aber doch auch deutlich erkennbar", so Gemeindebund-Chef Helmuth Mödlhammer bei der Präsentation der Ergebnisse in Wien.

Staat hat in Österreich zu viel Einfluss

In einer der drei Einstiegsfragen wurde die gewünschte Rolle des Staates abgefragt. Trotz Krise und immer wiederkehrenden Rufen nach mehr Einmischung des Staates sind 41 Prozent der Bürgermeister/innen und 39 Prozent der Bevölkerung der Meinung, dass der Staat in Österreich zu viel Einfluss hat. Nur acht Prozent der Ortschefs und 15 Prozent der Bevölkerung sehen diesen Einfluss als zu gering an (der Rest beantwortet diese Frage mit "gerade richtig").

Leistungen des Staates in bisherigem Ausmaß nicht mehr finanzierbar

 Noch eindeutiger sehen Bürgermeister/innen und Bevölkerung die künftige Finanzierbarkeit öffentlicher Leistungen. 70 Prozent der Ortschefs und 55 Prozent der Bevölkerung meinen, dass diese Leistungen in bisherigem Ausmaß nicht mehr finanzierbar sein werden. 74 Prozent (Bürgermeister) bzw. 59 Prozent (Bevölkerung) vertreten auch die Ansicht, dass für die Aufrechterhaltung dieser Leistungen keine weiteren Schulden aufgenommen werden sollten.

"Die Menschen unterscheiden also sehr genau zwischen Wunsch und Wirklichkeit", so GVV-Chef und Gemeindebund-Vize Alfred Riedl. "Sie wissen, welche Leistungen sie gerne hätten, sie wissen aber auch, dass der Staat nicht alles kostenfrei zur Verfügung stellen kann. Diese Erkenntnis vermisse ich gelegentlich in der Bundespolitik, in der man manchmal offenbar glaubt, die Menschen erwarten eine kostenfreie Rundum-Versorgung."

Altenpflege, Hilfsorganisationen und medizinische Versorgung stehen außer Streit

In zwei weiteren Befragungsblöcken ging es darum, welche Aufgaben der Staat weiterhin finanziell massiv unterstützen soll und in welchen Bereichen mehr Eigenverantwortung der Menschen gefragt ist.
"Die Bereitstellung der Altenbetreuung und der Pflege empfinden sowohl Bürgermeister/innen, als auch Bevölkerung offenbar als Kernaufgabe des Staates", sagt Riedl. Der saldierte Umfragewert (siehe Grafiken) geht hier eindeutig in Richtung einer Verantwortlichkeit der Gesellschaft, also des Staates. Ähnliches gilt für Zuschüsse für Hilfs- und Rettungsorganisationen sowie für die medizinische Grundversorgung. "Das sind auch Bereiche, zu denen wir Gemeinden stehen", so Riedl. "Wir haben hier allerdings extreme Kostenzuwächse, die vielen Gemeinden inzwischen die Luft zum Atmen nehmen. Zweistellige Prozentzuwächse pro Jahr bei den Kosten für die Gemeinden sind hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Diese Kosten werden die Kommunen dauerhaft nicht alleine stemmen können, hier bedarf es neuer Regelungen", kündigte Riedl an.

Ausmaß und Finanzierbarkeit der Kinderbetreuung umstritten

Viel größer sind die Unterschiede bei der Frage, ob der Staat in der Kinderbetreuung künftig mehr Leistungen erbringen oder mehr auf Eigenverantwortung der Menschen setzen soll. Am Deutlichsten ist dieser Unterschied derzeit bei der kostenlosen Nachmittagsbetreuung für Kinder in Pflicht- und weiterführenden Schulen (siehe Grafik). Während die Bürgermeister/innen diese Zuständigkeit nicht beim Staat sehen, fordern die Eltern offenbar das Gegenteil ein. Ähnlich groß sind die Differenzen bei der Nachmittagsbetreuung für Volksschulkinder, bei der Kinderbetreuung bis zu zwei Jahren oder beim Gratiskindergarten für Kinder ab 2,5 Jahren bis zum Schuleintritt.

"Ich verstehe gut, dass es hier Wünsche der Eltern gibt", sagt Alfred Riedl. "Bei der darauf folgenden Frage, nämlich in welchen Bereichen der Staat trotz geringer werdender Mittel investieren soll, dreht sich die Meinung der Bevölkerung hingegen schon wieder deutlich." Dies beweise, dass die Menschen zwar sehr konkrete Wünsche hätten, zugleich aber auch akzeptieren würden, dass nicht all diese Wünsche durch die öffentliche Hand finanzierbar seien.

Staat kann nicht alles bereitstellen

"Die Schlussfolgerung daraus ist, dass die Menschen die Wahlmöglichkeit und das Angebot an Betreuungseinrichtungen wollen und einfordern, aber durchaus auch einsehen, dass dauerhaft nicht alles gratis sein kann", so Riedl.

Alle Ergebnisse der Umfrage finden Sie auf der Gemeindebund-Homepage.

Kommunale Sommergespräche 2009: "Mehr Staat - weniger privat?"

Die "Kommunalen Sommergespräche 2009" finden von 29. bis 31. Juli in Bad Aussee statt und werden vom Österreichischen Gemeindebund in Kooperation mit der Kommunalkredit Austria veranstaltet. Unter dem Schwerpunkt "Mehr Staat - weniger privat?" diskutieren rund 250 Experten des öffentlichen Managements, Bürgermeister, Politiker, Wissenschafter und Wirtschafter wesentliche Zukunftsfragen der öffentlichen Hand. In diesem Jahr sind dabei u. a. Wolfgang Bachmayer , Maria Fekter, Walter Goldenits, Rudolf Jettmar, Helene Karmasin, Christian Kern, Peter Klugar, Reinhold Lopatka, Christine Marek, Johanna Mikl-Leitner, Christian Ortner, Claus Raidl, Andreas Schieder, Kurt Scholz, Hermann Schützenhöfer als Referenten und Teilnehmer zu Gast.

28.07.2009