Am ersten Tag der Kommunalen
Sommergespräche beschäftigten sich Expertinnen und Experten bei ihren
Impulsvorträgen mit den Anforderungen an eine leistungsstarke
Infrastruktur und wie öffentliche Investitionen aussehen müssen.
Zum Start der wichtigsten Denkwerkstatt der
österreichischen Kommunen, den Kommunalen Sommergesprächen in Bad
Aussee, begrüßten Gastgeber Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl und
Kommunalkredit-Vorstand Bernd Fislage die Gäste und gaben einen ersten
Überblick über das Thema der Sommergespräche.
Im Anschluss stand die Frage nach den Bereichen
einer leistungsstarken Infrastruktur. Grundtenor der Experten Marcel
Fratzscher und Sabine Seidler war, dass eine leistungsfähige
Infrastruktur essenziell für die Wettbewerbsfähigkeit und den
Wirtschaftsstandort ist. "Gerade auch ländliche und strukturschwächere
Regionen müssten gefördert werden, damit ein starkes nationales und
internationales Netzwerk entstehen kann, sodass Unternehmen im
zunehmenden globalen Wettbewerb bestehen können. Hierfür brauche die
Politik neue und innovative Ansätze", so Marcel Fratzscher, Präsident
des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Große
Herausforderungen sieht Fratzscher auch bei der Finanzierung von
öffentlichen Infrastrukturen. Ein Blick in strukturschwache Regionen
zeigt, dass Menschen gerade dort abwandern, wo Wirtschaft und
Unternehmen fehlen. Er hob auch die Bedeutung gleichwertiger
Lebensverhältnisse hervor: "Nicht jede Kommune wird erfolgreich sein,
aber jede Kommune muss alle Chancen dazu haben."
Drei große Politikrisiken
Im Anschluss ging es in den Diskussionen mit dem
Publikum auch um die drei Ps – um die Politikrisiken Populismus,
Protektionismus und Paralyse. Zwar sei es der Populismus, der aktuell
auf Grund von medialen Negativbeispielen am stärksten diskutiert und
gefürchtet werde, doch die Experten betonten, dass es die Paralyse sei,
von der die größte Gefahr für Gesellschaft und Wirtschaft ausgehe. Zur
Paralyse gehören die Angst vor Veränderungen, die Unfähigkeit zur
Anpassung und dadurch letztlich auch der Kontrollverlust.
Vorschläge für Politik
Wirtschaftswissenschaftler Fratzscher gab auch eine
Liste an Vorschlägen für die Stärkung strukturschwacher Regionen mit auf
den Weg: Bessere Umverteilung bzw. Aufteilung der Finanzmittel,
Entschuldung der Kommunen (Stichwort Schuldenschnitt), ein Strukturfonds
für den Aufbau bzw. die Sanierung von Infrastrukturen und Investitionen
in die Wissenschaft.
Politische und strukturelle Reformen als Maßnahmen
Fratzscher gab auch ganz konkret an, mit welchen
Mitteln gegen die Paralyse gearbeitet werden solle. Technologie,
Talente, Toleranz — diese drei Ts seien der Schlüssel für
wirtschaftlichen Erfolg und Stabilität "Die Politik müsse sich endlich
zu Offenheit und Toleranz bekennen. Sonst droht ein wirtschaftlicher
Abstieg. Zu diesen zählen politische und strukturelle Reformen -
insbesondere auch in den EU-Institutionen - sowie fiskalpolitische
Maßnahmen", war die Quintessenz des ersten Tages der Sommergespräche.