Beschäftigung für die Aktiven, Einkaufen für alle

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Dem Verlust sozialer Infrastruktur in den Gemeinden wird der Kampf angesagt. Das Konzept "nah dran" will mit einem ehrenamtlich betriebenen Nahversorgungsprojekt das Gemeindeleben aufblühen lassen.

Was tun, wenn die Pension ansteht und das süße Nichtstun eher Langeweile als innere Ruhe hervorruft? Was tun, wenn die Situation der Lebensmittelnahversorgung in vielen kleineren Gemeinden immer schlechter wird? Für beide Fragen hat der Sozialökonom Peter Schauer Antworten.

Die Aktiven ins Boot holen

Er hat ein Konzept entwickelt, um aktiven Pensionisten wieder eine Aufgabe zu geben und gleichzeitig die Gemeinde erheblich zu bereichern. Ihnen soll die Möglichkeit gegeben werden, ehrenamtlich in einem Lebensmittelgeschäft zu arbeiten. Schauer ist sich sicher: "Die Potentiale sind da, das sind extrem engagierte und kluge Leute, die etwas für die Gemeinschaft machen können." Denn: Werden Pensionisten nicht aktiv eingebunden, besteht die Gefahr, dass ihre Fähigkeiten und Erfahrungen ungenützt verloren gehen. 

Das Konzept schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen können Pensionisten so auch im Ruhestand Verantwortung übernehmen und im Gemeindeleben aktiv sein, und zum anderen wird so ein neuer Absatzweg für lokale und regionale Lebensmittelproduzenten geschaffen.

Die Idee kommt mit den Umständen

Aus persönlicher Erfahrung weiß Schauer, dass es "gerade in kleinen Gemeinden schwierig ist, langfristig etwas zu etablieren". Auch in seinem Heimatort Schiedlberg, einer Gemeinde mit rund 1.200 Einwohnern in Oberösterreich, gibt es seit langem Probleme mit der Nahversorgung. Mit der Pensionierung seines Vaters, kombiniert mit langjährigem ehrenamtlichen Engagement und sozialwirtschaftlicher Expertise, wurde die Idee zum Konzept geboren.

Wenig zusätzliche Kosten für Gemeinde

Finanziell selbsttragend konzipiert, soll der lokale Nahversorger keine große Kostenbelastung für die Gemeinde darstellen. Dies ist durch die geringen Personalkosten aufgrund der ehrenamtlichen Mitarbeit und dem Erlös aus Einkaufsgutscheinen möglich. Auch die Möglichkeit, lokale Dienstleistungen im Nahversorgungsgeschäft zu bündeln, kann sich umsatz- und frequenzsteigernd auswirken. Dies könnte beispielsweise durch eine Postpartnerschaft, Catering, den Verkauf von Mittagsmenüs oder Kinderjausen geschehen.

Ehrenamtliche Mitarbeit als Stütze des Systems

Der Betrieb des Lebensmittelgeschäfts soll ganz in die Hände der Freiwilligen gelegt werden, deren Aufgabengebiete nach Verfügbarkeit, Interesse und Qualifikation aufgeteilt werden. Um verantwortungsvolles Handeln beim Betrieb zu fördern, rotiert die Tagesführung.

Zusätzlich bekommen die ehrenamtlichen Mitarbeiter einen hauptamtlichen Kollegen zur Seite gestellt, der sich der nötigen kontinuierlichen Koordinationsaufgaben annimmt. Als Backoffice des Projekts ist er zentraler Ansprechpartner für die Gemeindeverwaltung und kümmert sich um Einkaufsplanung, Marketing, Finanzcontrolling, Vernetzung und Mitarbeiterkoordination.

Gemeindeinterne Zusammenarbeit wird großgeschrieben

Die Gemeindebevölkerung soll sich als Teil des Ganzen fühlen, bei der Neugestaltung der Geschäftsräumlichkeiten mitwirken, sich beim Trägerverein engagieren oder auch nur durch den Erwerb von Einkaufsgutscheinen (mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren) das Projekt ermöglichen und mitfinanzieren. Denn ohne ein klares Bekenntnis zum und eine aktive Beteiligung am Projekt von Seiten der Bevölkerung ist das Konzept nicht realisierbar. 

Regionalität und Engagement garantieren Einkaufsanreize

Produkte aus der Region sollen im Verkauf besonderer Stellenwert gegeben werden. Aktionen wie ein "regionaler Samstag", auf dem die lokalen und regionalen Anbieter den Kunden direkt ihre Produkte näherbringen können, sind wichtig für die Kundenbindung und Qualitätssicherung. Immer präsent ist dabei die persönliche Involvierung der Gemeindebevölkerung, die identitätsstiftend wirkt. Aber auch dem Trend zu großen Lebensmittelketten vor den Toren der Stadt, die gerade von den Pensionisten schwer erfüllbare Mobilität verlangen und den lokalen Handel einschränken, kann so entgegengearbeitet werden.

Welche Aufgaben fallen der Gemeinde dabei zu?

Die Gemeinde hat bei dem Projekt die wichtige Aufgabe, das rechtliche Fundament zu schaffen. Geplant ist, dass die Gemeinde die finanzielle Verantwortung für einen neu geschaffenen Trägerverein für das Projekt übernimmt. So können etwaige Risiken für Vereinsmitglieder und Mitarbeiter ausgeschlossen werden. Gemeinden, in denen dieses System schon erfolgreich existiert, sind unter anderem Piberbach, Schiedlberg, St. Thomas am Blasenstein und Vorderstoder. Außerdem soll die Gemeinde sich um die Bereitstellung eines Standorts kümmern, so dass keine Investitions- und Mietkosten entstehen.

Wie kann die Gemeinde am Projekt teilnehmen?

Besteht Interesse an dem Projekt, können bei einem unverbindlichen Treffen mit Peter Schauer die spezifischen Rahmenbedingungen in der Gemeinde und alle wichtigen Parameter für die Umsetzung besprochen werden. Dabei müssen vor allem das aktuelle Einkaufsverhalten und die Konsumbedürfnisse der Bevölkerung, die Größe und Sozialstruktur der Gemeinde, aber auch das Einzugsgebiet und die Distanz zum nächsten Nahversorger evaluiert werden. Schauer wird mit seinem Fachwissen der Gemeinde zur Seite stehen und eine maßgeschneiderte Konzeptimplementierung gemeinsam mit der Gemeinde erarbeiten. Denn "im Tun merkt man erst, was relevant ist".

Fotocredit: ©Peter Schauer

25.07.2013