Bombenurteil" für Städte und Gemeinden

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Wer auf seinem Grund ein explosives Kriegsrelikt findet, muss die Kosten für die Bergung und Entschärfung bezahlen. Dies hat nun auch der OGH festgestellt. Die Hoffnung war trügerisch: während die Stadtgemeinde Salzburg in der ersten Instanz in der Frage der Kostentragung für die Suche nach Fliegerbombenblindgängern Recht bekam, hat mit der Entscheidung vom 17.10.2012 der Oberste Gerichtshof aktuell das Klagebegehren abgewiesen. Nahezu exakt 68 Jahre zuvor, am 16. Oktober 1944 fielen die ersten Bomben amerikanischer Luftwaffenverbände auf die Stadt Salzburg, mit verheerenden Folgen für die städtische Infrastruktur, die Kulturgüter der Stadt und hohen Opfern in der Zivilbevölkerung. Bis zum 1. Mai 1945 folgten 15 weitere Luftangriffe. 122 Verdachtspunkte allein in Salzburg Das, was an Blindgängern in der Stadt Salzburg und in zahlreichen anderen Städten und Gemeinden im Boden verborgen liegt, kann heute bestenfalls abgeschätzt werden. Besonders gefährlich sind in diesem Zusammenhang jene Sprengkörper, die mit Langzeitzündern ausgestattet sind, da eine Detonation sowohl auf Grund von Erschütterungen, als auch durch die altersbedingte Brüchigkeit des Kunststoffzünders möglich ist. In der Stadt Salzburg wurden auf Grund der „Salzburger Bombenkarte“ und Luftbildauswertungen im Stadtgebiet 122 Bombenverdachtspunkte ausgemacht, davon 29 auf Grundstücken, die im Eigentum der Stadt selbst liegen. Die Gemeinde veranlasste die Untersuchung von 28 Verdachtspunkten und wurde in 3 Fällen „fündig“, die Bomben konnten gefunden und entschärft werden. Zusätzlichen „Sprengstoff“ bekam dann die Frage, wer die Kosten für die Suche und Bergung zu tragen habe. Der Argumentation der Stadt, wonach dies Aufgabe des Bundes sei, folgte zunächst das Erstgericht und sprach aus, dass die Forderung dem Grunde nach zu Recht bestehe: ab dem Zeitpunkt, an dem konkrete Anhaltspunkte auf Grund der Luftbildaufnahmen vorliegen, wäre eine Gefahr iS des Art 10 Abs. 1 Zif. 7 B-VG („Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit“) in Verbindung mit § 19 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) gegeben und damit die Verpflichtung des Bundes zur Gefahrenabwehr. Der Bund berief, bekam vor dem Berufungsgericht und nunmehr – nach einer „Zwischenrunde“ vor dem Verfassungsgerichtshof - auch vor dem OGH im wesentlichen mit der Begründung Recht, dass weder aus dem B-VG, noch aus dem SPG und dem Waffengesetz ein konkreter Klagsanspruch gegenüber der Republik ableitbar sei. Bundesgesetzgeber gefordert In einer ersten Stellungnahme forderte der Bürgermeister der Stadt Salzburg, Dr. Heinz Schaden, den Bundesgesetzgeber auf diese unbefriedigende Situation zu ändern. Seine Verärgerung besteht zu Recht, da es kaum vorstellbar ist, dass in einem Rechtsstaat, in dem sehr vieles – beginnend von der Aufstellungshöhe einer Verkehrstafel bis hin zum Inhalt des Inserates eines Ministeriums – gesetzlich geregelt ist, eine derart wichtige Kompetenzfrage offenkundig völlig ungelöst ist. Noch dazu, da die Leidtragenden nicht nur Städte und Gemeinden, sondern auch viele Grundeigentümer sind, für welche die Kosten einer Blindgängersuche und –bergung schlicht finanziell untragbar sind. Der erste Versuch, vor knapp fünf Jahren durch eine Änderung des Waffengesetzes 1996 sowie die Beschlussfassung eines „Bundesgesetzes über die finanzielle Unterstützung von Personen, die durch Fliegerbombenblindgänger betroffen sind“ scheiterte letztlich daran, dass der Bund eine Limitierung seines Kostenbeitrages mit 35.000 € für die „gezielte Freilegung“ eines Fliegerbombenblindgängers begrenzt hat. Ein verschwindend geringer Beitrag im Hinblick auf die tatsächlich mit der Suche, Bergung und Entschärfung anfallenden Kosten, der Gesetzesentwurf war für Länder und Gemeinden unannehmbar. Auch wenn es um viel Geld geht, wäre es geradezu beschämend, wenn der Bund das bestehende Vakuum in Zusammenhang mit der „Fliegerbombenproblematik“ zu Lasten der Städte und Gemeinden (und damit ihrer Bevölkerung) weiter aufrechterhalten und sich damit aus der rechtlichen und finanziellen Verantwortung verabschieden würde.

04.11.2012