Das Land gibt die "Windrichtung" vor

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Ab sofort gibt es in Niederösterreich keinen Wildwuchs mehr für Windräder – so sieht es zumindest die neue Raumordnungsnovelle vor. In seiner vergangenen Sitzung hat der NÖ Landtag das neue Gesetz beschlossen. Demnach dürfen keine neuen Windräder mehr bewilligt werden. Stattdessen soll es sog. Eignungszonen und verstärkte interkommunale Kooperationen geben, in denen Windkraftanlagen künftig gebaut werden dürfen.

Experten werden in den kommenden Wochen und Monaten genau untersuchen, wo es derartige Errichtungszonen für neue Windräder geben könnte – innerhalb von einem Jahr sollen die Zonen feststehen.

Auch wenn die Betreiber der Windkraftanlagen heftig gegen die neue gesetzliche Regelung wettern, begrüßen die Gemeindevertreter die Entscheidung des Landes.

„Mit der Novelle machen wir einen wichtigen Schritt, um dem Ausbau der Windkraft mit Struktur und nach Plan zu verfolgen und zu verwirklichen, ohne dabei Wildwuchs und Landschaftsbildzerstörung zu riskieren. Auch der NÖ Energiefahrplan ist durch einen strukturierten Ausbau nicht in Gefahr und wir werden unsere Energieziele erreichen“, sagt GVV-Präsident Alfred Riedl.

 Der Energiefahrplan sieht jedenfalls vor, dass bis 2020 die Hälfte des NÖ Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien gedeckt wird. „Und man muss genau zwischen Energiewende und Profitgier unterscheiden. Wir schieben lediglich dem Wunschdenken der Windkraftindustrie einen Riegel vor und beugen dem Windrad-Wildwuchs vor“, sagt Umweltlandesrat Stephan Pernkopf.

Ins gleiche Horn stößt auch der Umweltdachverband: „Einige Windkraftzocker sind derart von Geldgier getrieben, dass sie beim weiteren Windkraftausbau auf Kosten der betroffenen Bevölkerung von Landschaftsbild, Natur- und Umweltschutz keine Grenzen mehr kennen. Sie müssen in raumordnungspolitische Schranken gewiesen werden“, so der Präsident des Umweltdachverbandes Gerhard Heiligenbrunner.

Auch die Bürgermeister und Gemeindevertreter bestehender und künftiger Windkraftanlagen können die Novelle nur begrüßen. Der  Bürgermeister von Prellenkirchen Johann Köck ist ein erfahrener Windparkförderer. Bereits seit 2001 stehen in der 1285 Einwohner großen Gemeinde  17 Windräder. Acht zusätzliche sind derzeit in Bau. „Ich halte sehr viel von Windenergie. Gerade bei uns im Bezirk Bruck/Leitha liegt es auf der Hand in diese Form der Alternativenergie zu investieren“, so Köck. Auch die Prellenkirchner Bevölkerung sei sehr positiv gegenüber der Windenergie eingestellt.

Dabei setzt Köck unbedingt auf Bürgerbeteiligung. „Das war bei uns die Voraussetzung für die Errichtung des Windparks und ich kann Bürgerbeteiligung meinen Amtskollegen nur wärmstens empfehlen. Damit wird die Bevölkerung informiert, ermutigt aber vor allem positiv gestimmt“, so Johann Köck.

Die Raumordnungsnovelle und damit den vorrübergehenden Baustopp für Windräder befürwortet Köck. „Ich habe in der letzten Zeit zunehmend bemerkt, dass der Druck zwischen Betreibern und Grundeigentümern zu groß geworden ist. Die Stimmung war nicht mehr gut. Deswegen bin ich für die neue Regelung sehr dankbar“, so Johann Köck.

Doch die Gemeinde im Industrieviertel besitzt nicht nur einen Windpark, sie informiert in einem Windinformationszentrum auch zum Thema Windenergie. „Wir haben das Zentrum 2003 gegründet, bis zu 1500 Besucher erkundigen sich jährlich bei uns – vor allem auch Schulklassen“, sagt Köck. Klarstellen wolle Köck auch das Gerücht, dass die Grundstückspreise fallen würden, wenn Windparks gebaut werden. „Ich bin hauptberuflich Immobilienmakler und kann nur sagen, dass das Hirngespinste der Gegnerschaft sind.“

Auch für den Bürgermeister der Waldviertler Gemeinde Grafenschlag Robert Hafner ist die Windkraft kein Neuland: Seit 15 Jahren gibt es in der Gemeinde zwei Windräder. Fünf weitere sollen noch gebaut werden. Mit einem der zwei Windräder wird der Gemeindebedarf abgedeckt, der gewonnene Strom des zweiten Windrades werde ins Stromnetz eingespeist. „Wenn wir es schaffen die fünf weiteren zu errichten, können wir damit 20 Prozent des Bezirks Zwettl mit Windenergie versorgen. Das ist für uns schon ein wichtiges Ziel“, so Hafner. Die Windenergie sei für den Bürgermeister und seine Gemeinde nicht mehr wegzudenken. Die neue Regelung des Landes befindet Hafner für längst notwendig. „Der Ausbau der Windenergie ist wichtig. Aber ohne Wildwuchs, den können wir nicht brauchen“, so Robert Hafner.

Dem Tullner Bürgermeister Peter Eisenschenk stehen Planung und Diskussion über Windräder noch bevor. Zumindest wartet man im Bezirk Tulln jetzt die Untersuchung der Experten des Landes auf eine Eignungszone ab. „Wir stehen der Windkraft sehr positiv und offen gegenüber“, sagt Peter Eisenschenk. Allerdings müssen die notwendigen Kriterien erfüllt sein. „Wir müssen weder Wildwuchs noch optische Verschandelung tolerieren, nur um einen Windpark zu errichten. Das brauchen wir nicht und dafür gibt es jetzt auch die neue Raumordnungsnovelle“, so Eisenschenk weiter. In Tulln sei man gespannt auf die Untersuchungen. Tatsache ist: „Mit vier Windrädern könnten wir die ganze Stadt Tulln versorgen. Das muss man sich schon sehr gut überlegen. Ich erachte die Windkraft als sehr sinnvoll. Mit ihr  stärken wir  auch die Kommunen“, so Tullns Bürgermeister.

Vom vorläufigen Baustopp der Windräder wird man in Niederösterreich allerdings nicht viel mitbekommen. Denn bereits bewilligte Windräder oder Windanlagen werden auch in nächster Zeit errichtet werden. Einzig bei Neueinreichungen zeigt die neue Raumordnungsnovelle ihre Wirkung.

Fotocredit: NLK

04.06.2013