Der Greißler ums Eck' soll nicht weg

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Jede vierte Gemeinde in Österreich hat keinen eigenen Nahversorger, die vorhandenen werden oft ungenügend frequentiert. Die Lebensmittelgeschäfte in den kommunalen Ortszentren sollen nun mit frischen Ideen neu belebt werden, den Menschen und der regionalen Wirtschaftskraft zuliebe.

Die Zahl der Nahversorger in Gemeinden sinkt kontinuierlich. Die Geschäfte im Ortskern stehen oft leer, da neue Versorger sich eher am Rand der Gemeinden ansiedeln. Menschen ohne Auto oder andere Verkehrsanbindungen gehen der regionalen Wirtschaft verloren. Um diese anzukurbeln, gilt es - zum Beispiel mittels einer fahrrad- und fußgängerfreundlichen Raumplanung - die Nahversorger für die Einheimischen zugänglicher zu machen. Auch innovative Vorschläge bringen die Firmen im Ort wieder in Schwung, wie die niederösterreichische Gemeinde Eichgraben beweist.

Spot-on: Nahversorger vortreten!

"Eichgraben hat eine sehr weitläufige Struktur, wie Rom auf sieben Hügeln", scherzt Bürgermeister Martin Michalitsch. "Nahversorger sind immer Thema. Wir haben einen größeren Supermarkt, ein anderer hat unlängst zugesperrt. Die Leute haben mich auf fehlende Nahversorgung angesprochen." Michalitsch kam die zündende Idee: Einmal wöchentlich stellt er im Gemeindenewsletter einen Betrieb des Ortes vor. "Wir machen das nun seit sechs Wochen in zufälliger Reihenfolge, es hat sich eine neue Dynamik um die Nahversorger entwickelt."

Durch die Konzentration auf die Geschäfte im Ort, hat sich in Eichgraben ein funktionierendes Netzwerk der Versorgung gebildet: "Die Menschen denken seit der Umsetzung der Initiative mehr über das Thema der Nahversorgung nach", so Michalitsch. "Es ist ein richtiges Zusammenarbeiten entstanden. Es haben sich zum Beispiel manche Betriebe umgestellt, indem sie ihr Angebot flexibel angepasst haben. In der Bäckerei kann man jetzt unter anderem zusätzlich Salz, Zucker und sogar Fleisch kaufen." Außerdem werden Mitfahrgelegenheiten zu den Geschäften organisiert und manche Bürger haben sich bereit erklärt, für andere immer wieder mit einzukaufen.

Nahversorgung in Gemeinden fördern

Michalitsch betont die große Relevanz des Abgleichs von Angebot und Nachfrage im Ort: "Unsere Vorgehensweise ist natürlich kein Patentrezept für alle Gemeinden, bei uns hat es sich aber nach kurzer Zeit schon bewährt. Der Schlüssel zu einer verbesserten Situation in der Nahversorgung ist eine ausreichende und intensive Kommunikation mit allen Beteiligten", meint der Bürgermeister. "In Eichgraben gibt es mehr Möglichkeiten zum Einkauf, als von den Einwohnern wahrgenommen wird. Deswegen habe ich mich auch für das Konzept der Vorstellung der einzelnen Geschäfte entschieden." 

Niederösterreichische Gemeinden hatten laut dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) 2011 zu einem Anteil von 25 Prozent kein eigenes Lebensmittelgeschäft. Das sind in Zahlen 146 Orte ohne Nahversorger. Ideen, wie sie in Eichgraben umgesetzt werden, können einem Aussterben der "Greißler um's Eck" vorbeugen und so die regionale Wirtschaft ankurbeln. Ebenso wird die Lebensqualität in ländlichen Kommunen erhöht - Alt und Jung sind nicht auf das Auto angewiesen und können mit dem Fahrrad oder zu Fuß tägliche Besorgungen einfach erledigen.

Foto: ©Peter Schauer

19.09.2013