Der nächste Schritt nach der Herbergssuche

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Der nächste Schritt nach der Herbergssuche

Foto: Michelhausen

Während viele Gemeinden noch immer keine Flüchtlinge aufgenommen haben, gehen andere bereits den nächsten Schritt in der Betreuung und Integration. So beispielsweise die Gemeinde Michelhausen im Bezirk Tulln.

Seit Mitte August leben in der 2732 Einwohner großen Gemeinde 34 Asylwerber: 11 Syrer, 15 Afghanen, 6 Pakistani und 2 Iraker. Bei den Migranten handelt es sich um junge Männer, nicht älter als 25, unter ihnen auch Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Untergebracht sind die Männer in einem Privatquartier umsorgt von vielen freiwilligen Gemeindebürgern, die sich unter der Plattform Netzwerk Michelhausen (www.netzwerk-michelhausen.com) organisieren, treffen und austauschen. „Begonnen hat die Flüchtlingsunterbringung bei uns in der Gemeinde mit großem Protest. Jetzt ist die Stimmung wirklich gut“, sagt Bürgermeister Rudolf Friewald.

Die Burschen arbeiten im Wechsel im Bauhof mit, die Kinder besuchen die Hauptschule. In der Freizeit werden sie von Freiwilligen in Deutsch unterrichtet, ein Teil darf beim örtlichen Fußballverein mittrainieren, und am Wochenende werden gemeinsame Ausflüge organisiert. „Die Bereitschaft zu helfen, ist bei uns in Michelhausen wirklich enorm“, ist Friewald stolz auf seine Bevölkerung.
Nach seiner knapp zweimonatigen Erfahrung in der Betreuung und Arbeit mit Flüchtlingen ist dem Bürgermeister klar: „Das Um und Auf ist das Erlernen der deutschen Sprache“. Deshalb wünscht sich Friewald vom Bund auch dringend personelle Unterstützung für den Unterricht der Flüchtlinge in seiner Hauptschule. „In der Volksschule ist das Erlernen der Sprache und Schrift nicht das Problem. Da fangen alle gleich an. Aber in der Hauptschule hindert die Sprachbarriere auch unsere heimischen Schüler am weiter kommen. Und das ist ein Problem“, sagt Friewald.

Der Bürgermeister hätte sogar pensionierte Lehrer vor Ort die mithelfen würden, aber rechtlich sind im die Hände gebunden. „Der Bund ist hier wirklich gefordert, und ich erwarte mir, dass man rasch aufwacht, bevor es zu spät ist“, appelliert Rudolf Friewald.
Bei den jungen Männern sieht er die sprachlichen Fortschritte durch die Mitarbeit in der Gemeinde. „Pro Woche arbeiten acht Asylwerber bei uns im Bauhof mit. Sie lernen jeden Tag dazu und sind für uns durch ihre große Einsatzbereitschaft und Geschicklichkeit eine riesige Bereicherung. Ich würde mir wünschen, dass man bessere Arbeitsregelungen für Asylwerber schafft. Dann könnten wir sie besser und breiter einsetzen“, fordert Friewald.

Aktuelle Zahlen – Stimmung besser

Aktuell werden in Niederösterreich 7.500 Kriegsflüchtlinge (inklusive der in Traiskirchen untergebrachten Menschen) betreut. Die Anzahl der Einrichtungen in Niederösterreich liegt bei 160 organisierten und 600 privaten Quartieren. Nach dem durch das Land NÖ verhängten Aufnahmestopp Anfang August ist die Anzahl der Flüchtlinge in Traiskirchen zurückgegangen. Waren es Anfang Juli noch 4.500 so sind derzeit 2.700 Asylwerber im Erstaufnahmezentrum untergebracht. Laut Innenministerium hat der laufende Rückgang mit der Schaffung weiterer Quartiere in den anderen Bundesländern zu tun. „Alleine in den vergangenen zwei Wochen haben wir 1000 weitere Plätze in den Gemeinden geschaffen“, sagt Flüchtlingskoordinator Peter Anerinhof. Und es kommen täglich neue dazu. Dabei gehe es in erster Linie um die Schaffung kleiner Quartiere, weil so auch die Integration und das Zusammenleben leichter, besser und überschaubarer funktioniere. „Die Stimmung und Akzeptanz, Flüchtlinge in den Gemeinden aufzunehmen, hat sich stark gebessert. Den Gemeinden wird zunehmend bewusst, wie dringend es ist, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und dass man bei dieser Herausforderung nicht einfach wegschauen kann“, sagt Peter Anerinhof. Der Flüchtlingskoordinator abschließend: „Wohnung suchen, Arbeit finden und Deutsch lernen sind die wichtigsten Faktoren, damit Flüchtlinge Fuß fassen und sich integrieren können.“

Land NÖ plant Containerdörfer als langfristige Unterkünfte

Neben den Transitquartieren steht derzeit vor allem die rasche Schaffung langfristiger Unterbringungsmöglichkeiten auf der Tagesordnung – nicht zuletzt wegen des herannahenden Winters. Nach Plänen des Landes sollen daher an zahlreichen Standorten in Niederösterreich auch Containerdörfer entstehen. Korneuburg ist einer von fünf geplanten Containerdorf-Standorten.
In den kommenden drei Wochen sollen 60 syrische Flüchtlinge – vorwiegend Familien – in einem Containerdorf untergebracht werden. Weitere 100 Flüchtlinge – unbegleitete Jugendliche – werden ab Anfang Oktober in einem vom BMI angemieteten ehemaligen Schulgebäude untergebracht und von der Firma ORS betreut.

„Wir stehen in Korneuburg noch in der Planungs- und Vorbereitungsphase“, sagt Bürgermeister Christian Gepp. Eine Bürgerversammlung ist bereits geplant, mehrere Netzwerktreffen der Hilfsplattform www.ichmöchtehelfen.at wurden absolviert. „Wir stehen noch ganz am Anfang, aber was ich jetzt schon sehe, ist, dass, die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung sehr groß ist und die Angebote enorm sind. Ich sehe es als unsere Aufgabe als Gemeinde sozial und menschlich zu agieren“, sagt Gepp. Deswegen sei man auch selbst in die Offensive gegangen, anstatt in der Flüchtlingsfrage verpflichtet zu werden.

1.230 Flüchtlingskinder werden in NÖ unterrichtet

Seit über einem Monat hat in Niederösterreich wieder die Schule begonnen. Die Schulpflicht gilt auch für die in NÖ betreuten Kinder von Kriegsflüchtlingen. 1230 asylwerbende und asylberechtigte Kinder sind daher aktuell in den Pflichtschulen gemeldet. 262 von ihnen besuchen die erste Klasse Volksschule, haben also erst mit ihrer Schullaufbahn begonnen. 131 Jugendliche sind im Bundesschulbereich untergebracht: 74 in Gymnasien und 57 in berufsbildenden höheren Schulen. Die meisten Kinder im Pflichtschulbereich – Volksschule und Neue Mittelschule – befinden sich derzeit in den Bezirken Lilienfeld, St. Pölten, Tulln, Wien-Umgebung, Baden, Bruck an der Leitha und Mödling. Viele von ihnen bleiben allerdings nur ein paar Wochen oder Monate, da deren Familien in andere Quartiere übersiedeln oder in andere Länder weiterreisen. An den Schulen selbst – etwa an Gymnasien – werden verstärkt Sprachförderkurse für diese Kinder angeboten. Die Pädagogische Hochschule bietet für Lehrerinnen und Lehrer derzeit zusätzlich Fortbildungen im Bereich der Sprachförderung an

14.10.2015