Gemeindefinanzbericht präsentiert

Achtung: dieser Eintrag ist nicht mehr aktuell!

Mit dem Gemeindefinanzbericht 2010 liegt nun wieder das Standardwerk in diesem Bereich vor. Der Bericht gibt, auf Basis der Rechnungsabschlüsse des Jahres 2009, einen vollständigen Überblick über die Entwicklung der kommunalen Finanzen. Keine andere Publikation stellt in dieser Tiefe und Qualität die Gemeindefinanzen dar.

"Das Jahr 2009 war natürlich auch für die Gemeinden finanziell katastrophal", merkte Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer bei der Präsentation des Berichtes an. "Die Einnahmen sind, nicht zuletzt aufgrund deutlich sinkender Ertragsanteile, in erheblichem Ausmaß zurückgegangen, gleichzeitig sind die Pflichtausgaben der Gemeinden stark angestiegen. Vor allem die Kostenexplosionen im Pflege- und Gesundheitsbereich führen dazu, dass die Investitionsspielräume der Gemeinden immer enger werden. Das äußert sich unter anderem darin, dass im Jahr 2009 erstmals eine negative freie Finanzspitze zu verzeichnen war", so Mödlhammer.

Die Schuldenentwicklung von Bund, Ländern und Gemeinden

Die Gesamteinnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Bitte anklicken, um zu vergrößern). Ein gängiges Vorurteil will Mödlhammer gleich von Anfang an aus der Welt schaffen. "Immer wieder ist von der angeblich exzessiven Verschuldung der Gemeinden die Rede. Dieses Vorurteil ist ungeheuerlich und wird von mir mit allem Nachdruck zurückgewiesen. Die Zahlen sprechen hier eine sehr deutliche Sprache. Der Maastricht-Schuldenstand der Gemeinden beträgt derzeit 697 Euro pro Einwohner. Die Landesschulden machen schon 1.340 Euro pro Einwohner aus, die Bundesschulden betragen 19.786 Euro pro Einwohner. Mir braucht also niemand etwas darüber erzählen, dass die Gemeinden überdurchschnittlich verschuldet wären. Das ist schlicht und ergreifend Unfug." Bislang seien die Gemeinden die einzige Gebietskörperschaft gewesen, die mit Ausnahme des Jahres 2009, die Maastricht-Kriterien auf Punkt und Beistrich eingehalten hätten. "Und das, obwohl wir ständig mit neuen Aufgaben und Ausgaben belastet wurden."

Für welchen Bereich wieviel ausgegeben wurde (Bitte anklicken, um zu vergrößern). Weder bei der Maastricht-Verschuldung, noch bei der Finanzschuld habe es in den vergangenen Jahren auffällige Steigerungen bei den Gemeinden gegeben. "Allein die Bundesländer haben ihre Maastricht-Schulden zwischen 2006 und 2009 um 3,6 Mrd. Euro auf 11,2 Milliarden Euro erhöht. Im gleichen Zeitraum sind die Schulden des Bundes um 26 Mrd. Euro gestiegen." Die Rechnungsabschlüsse der Jahre 2005 bis 2008 zeigen für den Bund eine durchschnittliche jährliche Schuldenzuwachsrate von 4,87 %, für die Länder eine jährliche Steigerung von 7,78 % und für die Gemeinden (inkl. Gemeindeverbände einen jährlichen Zuwachs von 0,79 %.

Die Gemeindefinanzen im Detail

Die Sozialkosten explodieren (Bitte anklicken, um zu vergrößern). Die Gesamteinnahmen der Gemeinden (ohne Wien) betrugen im Jahr 2009 16,765 Mrd. Euro, das entspricht einem Rückgang von 0,05 % im Vergleich zu 2008. Im Jahr davor (von 2008 auf 2009) waren die Gesamteinnahmen noch um 3,92 Prozent gestiegen. Den Einnahmen standen Gesamtausgaben von 16,987 Mrd. Euro gegenüber. Daraus ergibt sich eine Differenz von 222 Mio. Euro, um die die Ausgaben die Einnahmen überstiegen.

Hauptverantwortlich für die sinkenden Einnahmen und die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen ist der eklatante Einbruch bei den Einnahmen aus Bundesertragsanteilen. Die Ertragsanteile sind jener Anteil am Gesamtsteueraufkommen, der den Gemeinden aufgrund des Finanzausgleiches von den gemeinschaftlichen Bundesabgaben zusteht und im wesentlichen 11,7 Prozent der vom Bund eingehobenen Steuern beträgt. Im Jahr 2009 haben die Gemeinden (ohne Wien) 4,867 Mrd. Euro aus Ertragsanteilen eingenommen. Im Jahr 2008 waren es noch 5,156 Mrd. Euro. Das entspricht einem Rückgang von 5,6 % oder einem Verlust von 289 Mio. Euro. Für das Jahr 2010 wird bei den Gemeinden ein Rückgang der Ertragsanteile um 1,36 Prozent erwartet, wobei das Ergebnis unter Einbeziehung von Wien leicht positiv ausfallen könnte. Auch bei den Einnahmen aus der Kommunalsteuer kam es zu einem Rückgang von 0,8 Prozent im Vergleich zum Jahr 2008, inklusive Wien sogar um einen Rückgang um 3,34 Prozent. Die Einnahmen aus der Grundsteuer konnten der Krise trotzen und stiegen um 3,2 Prozent auf 491 Mio. Euro.


Im Gesundheitsbereich steigen nicht nur die Ausgaben, sondern sinken auch die Einnahmen. Die Kostentreiber bei den Gemeindeausgaben

Klar identifizierbar sind jene Bereiche, deren Steigerungen den Gemeinden das größte Kopfzerbrechen bereiten. Die Kostenstelle "Soziale Wohlfahrt", in der u.a. die Pflegekosten und die Sozialhilfe (Mindestsicherung) enthalten sind, ist um 8,81 Prozent auf 1,356 Mrd. Euro angestiegen. Dabei handelt es sich um die Nettoausgaben, also die Gesamtausgaben minus den Einnahmen aus diesem Bereich. Insgesamt mussten die Gemeinden (ohne Wien) 2009 für den Sozialbereich mehr als 1,7 Mrd. Euro aufwenden. Ähnlich dramatisch sind die Steigerungen mit 6,61 Prozent bei der Gesundheit. 935 Mio. Euro netto (gesamt: 1,082 Mrd. Euro) mussten die Gemeinden an Gesundheitsbeiträgen bezahlen. Auf beide Kostenstellen haben die Gemeinden kaum Einfluss, da sie im wesentlichen über ein Umlageverfahren an den Kosten beteiligt sind. 

Bei den Gesundheitskosten tritt zudem ein höchst beunruhigendes Phänomen auf, erklärt Mödlhammer. "Die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen in diesem speziellen Bereich geht immer weiter auf. 2005 hatten wir noch 284 Mio. Euro an Einnahmen aus diesem Titel, 2009 waren es nur noch 147 Mio. Euro. Von den Gesamtkosten in der Höhe von 1,082 Mrd. Euro müssen die Gemeinden also 934,7 Mio. Euro aufbringen, denen keine Einnahmen gegenüber stehen." Oft müssen auch die Abgänge von Landeskrankenanstalten von den Gemeinden mitfinanziert werden.

Kinderbetreuung ist Kernkompetenz der Gemeinden

Die Kosten der Kinderbetreuung führen zu stark steigenden Kosten in der Kostenstelle Unterricht, Erziehung und Sport. Äußerst sparsam haben die Gemeinden in den Kostenstellen "Unterricht, Erziehung und Sport", in die auch die Kinderbetreuung fällt, gewirtschaftet. Hier wurden 2009 insgesamt 2,540 Mrd. Euro ausgegeben, leicht mehr als eine Milliarde Euro wurden in dieser Kostengruppe eingenommen, die Nettokosten der Gemeinden liegen damit aktuell bei 1,424 Mrd. Euro, das ist immerhin die Ausgabengruppe mit dem zweithöchsten Wert. 

Der Ausbau der Kinderbetreuung und die Einführung des Gratis-Kindergartens haben die Gemeindebudgets auch 2009 schwer belastet. Im Durchschnitt gibt jede österreichische Gemeinde pro Kind und Jahr 4.576 Euro für die Kinderbetreuung aus, ein Anstieg von 6,9 Prozent im Vergleich zu 2008. Insgesamt werden inzwischen rund 200.000 Kinder in Einrichtungen der Gemeinden betreut. Die größte Last der Kosten in der Kinderbetreuung und im Erhalt der Pflichtschulen haben daher nachweislich die Gemeinden zu tragen. 

Was jede Gemeinde pro Kind und Jahr nur für die Kinderbetreuung aufwenden muss. "In der Kinderbetreuung zeigt sich neben der Tatsache, dass wir sie zum größten Teil finanzieren müssen, auch, dass dies eine unserer Kernkompetenzen ist", so Mödlhammer. "Wir in den Gemeinden wissen am besten, welche Form der Betreuung regional benötigt wird. Daher mahne ich zum wiederholten Male ein, die Kinderbetreuung auch von der Zuständigkeit her gänzlich den Gemeinden zu überlassen. Im Gegenzug sollten Bund und Länder die Gesundheit und die Pflege allein erledigen."


20.12.2010