Höchstgericht kippt Einheitswerte: 750 Millionen Euro gefährdet

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Der Verfassungsgerichtshof hat mit einem heute veröffentlichten Erkenntnis die Einheitswerte und damit die Grunderwerbssteuer gekippt. Damit sind 750 Millionen Euro an Gemeinde-Einnahmen in Gefahr.

Je nachdem, wie ein Grundstück erworben wurde oder um welches Grundstück es sich handelt, wird die Steuer entweder anhand des tatsächlichen Wertes oder anhand des Einheitswertes berechnet. Bei Käufen wird etwa der Verkehrswert herangezogen, für Schenkungen und landwirtschaftliche Übergaben der Einheitswert.

Einheitswert 1973 festgelegt

Weil die Einheitswerte über Jahrzehnte nicht angepasst wurden, führe das nun dazu, dass es alleine von der Art der Rechtsgeschäfts abhängig sei, ob eine „realitätsferne“ Bemessungsgrundlage zum Einsatz komme, so VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Dienstag bei einer Pressekonferenz.

Eine Vergleichsberechnung des Finanzministeriums aus dem Jahr 2007 ergab laut Holzinger, dass im Extremfall der Verkehrswert eines Grundstücks 510 Prozent des dreifachen Einheitswertes ausmacht. Andererseits gebe es Grundstücke, bei denen der Einheitswert höher sei als der Verkehrswert. Der Einheitswert wurde zuletzt 1973 festgelegt.

„Unsachliche Ergebnisse“

Grundsätzlich hätten die Höchstrichter nichts gegen eine verwaltungsökonomische Vereinfachung, so Holzinger, nur dürfe diese nicht zu „unsachlichen Ergebnissen“ führen. Durch die Nichtanpassung löse der Gesetzgeber „Unstimmigkeiten und Verwerfungen“ im Steuersystem aus, die ab einem gewissen Zeitpunkt auch die Gründe für die Verwaltungsökonomie nicht mehr rechtfertigen würden, heißt es in der Entscheidung des VfGH.

Die laut Höchstrichtern sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung führte schon zu einer Reihe von Aufhebungen, nämlich der Schenkungs-, Erbschafts-, Stiftungseingangssteuer sowie zuletzt der Grundbucheintragungsgebühr. Auch die jüngst reparierte Grundbucheintragungsgebühr könnte laut Holzinger wieder vor dem VfGH landen, weil sie weiterhin teilweise nach dem Einheitswert berechnet wird.

Lange Reparaturfrist wegen Wahljahres

Für die Grunderwerbssteuer hat der VfGH eine recht lange Reparaturfrist bis 31. Mai 2014 gesetzt. Als Grund nannte Holzinger das kommende Wahljahr: „Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber auf die Steuer nicht verzichten will, und 2013 wird kaum Zeit sein, das zu reparieren.“ Bis zum Ablauf der Reparaturfrist oder dem Beschluss einer neuen Regelung bleibt alles wie gehabt.

Gemeindebund-Chef Helmut Mödlhammer forderte in einer ersten Stellungnahme eine rasche Reparatur durch den Gesetzgeber. "Hier geht es für die Gemeinden um sehr viel Geld, nämlich um 750 Millionen Euro. Wir können hier nicht warten, nur weil irgendwo gewählt wird", so Mödlhammer.

Regierung will schnell handeln

In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung des VfGH kündigte Bundeskanzler Werner Faymann an, dass die Regierung mit diesem Thema sofort beginnen werde. Man werde eine Reparatur zustande bringen, meinte auch Vizekanzler Michael Spindelegger nach dem Ministerrat. Laut Faymann hatte die Regierung mit der Entscheidung gerechnet, nachdem es bereits entsprechende Signale des VfGH gegeben habe. Die Landwirtschaftskammer begrüßte die Entscheidung des VfGH. Sie sieht darin die Bestätigung für die eigene langjährige Forderung, dass die Einheitswerte neu festgelegt werden müssten.

Im Jahr 2011 brachte die Grunderwerbssteuer den Gemeinden, die 96 % der Steuer kassieren, 750 Mio. Euro ein.

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19.12.2012