NÖ Gemeinden vorbildlich bei Asyl

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NÖ Gemeinden vorbildlich bei Asyl

Auch wenn das kürzlich beschlossene Durchgriffsrecht und die Einführung eines Bundes-Asylkoordinators bei der Quartiersuche für Flüchtlinge unterstützend helfen sollen und von Niederösterreichs Gemeindevertretern durchaus begrüßt werden, zeigen die Niederösterreichischen Gemeinden schon jetzt erfolgreich vor, wie menschenwürdige und sozialverträgliche Unterbringung von Asylsuchenden funktioniert. „Mehr als die Hälfte der 573 NÖ Gemeinden nimmt bereits Flüchtlinge vor Ort mit teils sehr individuellen Modellen und Lösungen auf und es werden täglich mehr“, weiß Peter Anerinhof vom Amt der NÖ Landesregierung.

Dass Niederösterreich in der Flüchtlingsunterbringung eine Vorreiterrolle einnimmt, hat auch einen Grund: „Wir haben bereits im Jänner den Ernst der Lage erkannt und uns in zwei Kommunalgipfelgesprächen zum Thema Asyl auf eine ausgewogene und sozial verträgliche Verteilung und Unterbringung von Kriegsflüchtlingen in Niederösterreichs Städten und Gemeinden von 2 Prozent geeinigt“, erklärt GVV-Präsident Alfred Riedl die niederösterreichische Vorgangsweise. Abgesehen davon hat man in Niederösterreich von Anfang an auf kleine Einheiten gesetzt. „Denn nur das ist der Schlüssel unseres Erfolges wie man Flüchtlinge menschenwürdig und mit besten Integrationschancen aufnimmt“, sagt Alfred Riedl. Man sei tag täglich bemüht, nach weiteren geeigneten Quartieren in den Gemeinden zu suchen, dennoch müsse man auch die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nehmen, das Gespräch suchen, Dialog führen und vor Ort verstärkt Aufklärung betreiben. Riedl gibt aber auch zu bedenken, dass man die Gemeinden und Bürgermeister mit der Unterbringung von Flüchtlingen nicht überfordern dürfe. „Schließlich sind es die Gemeinden vor Ort, die sich um die Unterbringung, den Kindergarten- oder Schulplatz, Arbeitsmöglichkeiten etc. kümmern müssen. Und die Kosten gehen zulasten der Mindestsicherung“, so Riedl.

Alfred Riedl weiß wovon er spricht. Auch in seiner Heimatgemeinde Grafenwörth leben Flüchtlinge in Privatquartieren sowie eine Familie mit sechs Kindern in einer Gemeindewohnung. Wie für Alfred Riedl gilt im Gespräch mit der „NÖ Gemeinde“ auch für seine Amtskollegen: „wir haben die völkerrechtliche und ethische Verpflichtung Menschen in Not zu helfen.“

Das war auch der Beweggrund für Franz Heisler, Bürgermeister von Pöchlarn, in seiner Gemeinde etwas zu unternehmen und sich in der Flüchtlingsunterbringung zu engagieren. Eine private Initiative hat sich in der 3942 großen Einwohnergemeinde bereit erklärt, die Flüchtlinge in einem alten Gasthaus zu beherbergen. 24 Asylwerber leben nun seit Februar in Pöchlarn, zehn weitere sollen noch dazu kommen. Anfangs habe es heftigen Gegenwind aus der Bevölkerung gegeben. „Bei einer Bürgerversammlung mit knapp 300 Leuten im Pfarrsaal hat sich die Stimmung dann in die positive Richtung gewendet“, erzählt Franz Heisler. Und der Bürgermeister kann die Sorgen der Bürger durchaus verstehen. „Umso wichtiger ist es aufzuklären und die Bevölkerung vorzubereiten und zu informieren. Man erkennt dann sehr schnell die Not der flüchtenden Menschen und deren Wunsch einfach nur in einer friedlichen Umgebung aufgenommen zu werden“, so Heisler.

Da hauptsächlich Familien in Pöchlarn untergebracht sind, gibt es auch Gespräche mit Kindergarten und Schule, um auch die Kinder bestmöglich integrieren zu können. Und auch wenn sich Heisler von der „hohen“ Politik auf Bundes- und EU-Ebene mehr Initiative und Engagement in der Asylfrage erwartet, spürt der Bürgermeister, dass wenigstens in den Köpfen der Bürger langsam das Verständnis wächst zu helfen und gemeinsam etwas zu tun.

Für Rainer Hirschmann, Bürgermeister der Stadtgemeinde Litschau „muss sich jede Gemeinde mit dem Thema Asyl auseinandersetzen, denn es wird die Herausforderung unseres Jahrhunderts sein“, sagt Hirschmann. Seit Ostern leben in der 2274 Einwohner zählenden Gemeinde im Waldviertel neun junge irakische Asylwerber, weitere 6 sind kürzlich dazu gekommen. Untergebracht werden die jungen Männer in einem Privathaus. Im gemeinsamen Schulterschluss zwischen VP und SP kümmert sich Bürgermeister Hirschmann mit seinem eigens dafür installierten Integrationsstadtrat um die Flüchtlinge im Ort. „Hier geht es nicht um Parteipolitik, sondern um das Leid der Menschen und da halten und arbeiten wir zusammen“, betont Rainer Hirschmann die gute Flüchtlingszusammenarbeit. Mit einem Willkommensfest vor Ort wurden die Flüchtlinge von den Vereinen in der Gemeinde begrüßt. „Wir haben unseren Burschen dort auch erklärt, wie unser Litschau und Österreich funktioniert“, sagt Bürgermeister Hirschmann. Das große Glück in Litschau sei aber ein kurdischer Zahnarzt, der vor 45 Jahren aus Syrien geflüchtet ist und nun seit 40 Jahren in Litschau lebt und arbeitet. „Er spricht nicht nur perfekt die Sprache unserer Asylwerber, er kümmert sich um sie, unterrichtet sie einmal pro Woche in Deutsch und ist Ansprechpartner vor Ort“, freut sich Rainer Hirschmann über den Dolmetscher und Betreuer.

Um die Asylwerber auch in der Gemeinde bestmöglich integrieren zu können, hat man seitens der Politik auch schon kleinere Arbeiten für die jungen Iraker gefunden. „Wir wollen die Flüchtlinge nicht irgendwo verstecken oder sie wegsperren, wir wollen sie in der Gemeinde sichtbar machen, erklärt Hirschmann seinen Integrationsweg. Bis zu 20 Stunden pro Monat und für 5 Euro die Stunde dürfen die Asylwerber gemeinnützige Arbeiten verrichten. Damit die Menschen auch versichert sind, hat die Gemeinde eine Unfallversicherung für die 19 Burschen abgeschlossen. So haben die jungen Iraker bereits bei der Aktion „Stopp Littering“, einem Festival aber auch in der Grünraumpflege mitgeholfen.

In der Bevölkerung funktioniert das Zusammenleben mit den Flüchtlingen durchaus gut. „Man hat einfach erkannt, dass die Flüchtlinge in Not sind und man ihnen helfen muss“, sagt Hirschmann. Und auch wenn die Arbeitsplätze im Waldviertel rar sind, denkt Hirschmann an neue Möglichkeiten und die langfristige Integration der Asylwerber.

Auch Georg Gilli, Bürgermeister aus Eggenburg sieht die aktuelle Situation der Flüchtlingswelle und Quartiersuche nicht als momentane Herausforderung. „Für mich ist es eine Völkerwanderung, die sich über Jahre erstrecken wird. Die Gemeinden müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen, denn sie sind auch die ideale Einheit um Flüchtlingsunterbringung und Integration in kleinen Einheiten menschenwürdig zu bewerkstelligen“, findet Gilli. Nach einer Informationsveranstaltung mit der Bevölkerung im Juli, hat die Gemeinde zwei syrische Familien in privaten Unterkünften in Eggenburg aufgenommen. Mitte September werden 45 unbegleitete Jugendliche in ein ehemaliges Heim für Schwererziehbare der Stadt Wien in der 3500 großen Einwohnergemeinde einziehen, das von der Caritas betreut wird. Ursprünglich wollte man der Gemeinde 200 Asylwerber zuweisen. „Aber diese Anzahl wäre für unsere kleine Gemeinde nicht vertretbar gewesen“, sagt Bürgermeister Gilli. Mit LH Erwin Pröll und LH Häupl sei man dann zur sozialverträglichen Lösung mit 45 Asylwerbern gekommen. Die Bevölkerung und die ehrenamtlichen Helfern nehmen den Einzug der Flüchtlinge sehr positiv auf. „Die Bereitschaft zu helfen ist bei uns wirklich groß“, freut sich Georg Gilli. In einem ersten Schritt, setzt man in Eggenburg nun schwerpunktmäßig auf Deutschkurse. Aber auch die Integration in den Vereinen wurde bereits diskutiert. „Der Fußball- und Handballverein sind bereit, die Jugendlichen aufzunehmen. Dort wären dann auch kleinere Arbeiten, wie die Mithilfe bei der Pflege des Fußballplatzes denkbar“, sieht Gilli künftiges Arbeitspotenzial. Gilli abschließend: „Man darf die Gemeinden mit der Unterbringung von Flüchtlingen nicht überstrapazieren. Aber in kleinen Einheiten kann Integration menschenwürdig und nachhaltig gelebt werden.“

24.09.2015