Österreichs Gemeinden in der demographischen Falle

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Bei der Eröffnung des 58. Gemeindetages warnten Gemeindebundchef Helmut Mödlhammer und Gastgeber Ernst Schöpf vor den Problemen, die die demographische Entwicklung für die Gemeinden bringt. "Die Kosten für Pflege und Sozialwesen werden die Gemeinden überfordern, wenn man sie damit alleine lässt", so Mödlhammer. Schon im Jahr 2008 waren die demographische Entwicklung und deren Folgen für die Gemeinden zentrales Thema des Gemeindebund-Think-Tanks der Kommunalen Sommergespräche in Bad Aussee.

"Wir haben damals einen Stein ins Rollen gebracht und dieses sperrige Thema in die öffentliche Diskussion. Als Frank Schirrmacher, Autor des Bestsellers "Das Methusalem-Komplott" sehr plastisch erklärt hat, wie dramatisch sich die Demographie entwickeln wird, wollten das viele noch nicht glauben", so Mödlhammer. "Heute haben wir beinharte Fakten zur Kenntnis zu nehmen, die radikale Reformen und dringend nötige Maßnahmen - auch für die Gemeinden - nach sich ziehen." Steigende Lebenserwartung Im Jahr 2030 wird fast ein Drittel der heimischen Bevölkerung über 60 Jahre alt sein, das ist ein Zuwachs um rund 55 Prozent im Vergleich zu heute. 6,1 Millionen unter 60jährigen Menschen werden mehr als 2,8 Millionen Menschen, die über 60 Jahre alt sind, gegenüber stehen. "Was dies allein fürs Pensionssystem bedeutet, kann sich jeder selbst ausrechnen", so Mödlhammer. Die Anzahl der über 80jährigen Menschen wird sogar um rund 73 Prozent zunehmen. Die Folgen dieser Entwicklung sind für die Gemeinden elementar.

Alten- und Pflegebetreuung wachsen in ihrer Bedeutung

Erst kürzlich haben sich Bund, Länder und Gemeinden auf die Finanzierung der Pflege bis ins Jahr 2014 geeinigt. Bislang lag die Last der Pflegefinanzierung vorwiegend auf den Schultern der Gemeinden, nun gibt es bis 2014 rund 685 Mio. Euro an frischem Geld. "Wer allerdings glaubt, dass wir damit das Pflegethema lang-, oder auch nur mittelfristig erledigt haben, der irrt gewaltig", warnt Mödlhammer. "Der Bedarf an Pflege- und Betreuungseinrichtungen wird in den kommenden Jahren brutal ansteigen", weiß der Gemeindebund-Chef. "Man darf ja nie vergessen, dass rund 80 Prozent der Menschen immer noch in den eigenen vier Wänden gepflegt werden, meist durch die eigenen Angehörigen, die bei Bedarf durch Mitarbeiter/innen mobiler Dienste unterstützt werden.

Nur 16 Prozent der Pflegebedürftigen werden stationär versorgt.

"Von der Kostenseite ist es eindeutig so, dass die Betreuung durch eigene Angehörige, bei Bedarf ergänzt durch mobile Dienste, am günstigsten ist", ergänzt der Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes, Bgm. Ernst Schöpf. "In den letzten Jahren beobachten wir aber eine sehr auffällige Entwicklung, nämlich, dass immer weniger Menschen dazu bereit sind die eigenen Eltern oder Angehörigen selbst zu pflegen. Einer von vielen Gründen dafür ist auch, dass in den meisten Bundesländern der Regress abgeschafft wurde und damit die Hemmschwelle gesunken ist, die eigenen Angehörigen in eine Pflegeeinrichtung zu geben", so Schöpf. Allein in Niederösterreich habe dies einen Mehrbedarf von rund 1.000 Pflegebetten erfordert.

Ländliche Räume leiden unter demographischer Entwicklung

Die künftige Finanzierung der Pflege ist freilich nur ein Teil des Problems für die Gemeinden. "Wir haben es in vielen ländlichen Regionen natürlich auch mit einer starken Überalterung zu tun, die für die Gemeinden ebenso folgenschwer ist", so Mödlhammer. "Die Jungen ziehen weg, übrig bleiben oft nur die älteren Menschen, die wiederum eine ganz andere Infrastruktur benötigen, weil sie nicht so mobil sind. Die Errichtung von speziellen Wohneinheiten für Senioren, betreute Wohngemeinschaften und pflegegerechte Wohnungen werden für viele Gemeinden eine Zukunftsaufgabe sein", so der Gemeindebund-Chef. Gleichzeitig hat die drohende Überalterung auch Konsequenzen für das soziale Gefüge in einer Gemeinde. "Wir müssen sicherlich auch neue Wege in der Freiwilligenarbeit gehen", glaubt Mödlhammer. "Die aktiven und fitten Senioren müssen wir ermuntern, damit sie in den Jahren nach dem Pensionsantritt noch für Freiwilligentätigkeiten zur Verfügung stehen. Gerade fitte Senioren sind auch gute Ansprechpartner und Helfer für Menschen, die körperlich nicht mehr in so gutem Zustand sind."

Bei der Eröffung des 58. Gemeindetages warnten Gemeindebundchef Helmut Mödlhammer und Gastgeber Ernst Schöpf vor den Problemen, die die demographische Entwicklung für die Gemeinden bringt. "Die Kosten für Pflege und Sozialwesen werden die Gemeinden überfordern, wenn man sie damit alleine lässt", so Mödlhammer.

11.06.2011