Die Gemeinden können die
Folgekosten der Abschaffung des Pflegeregresses nicht tragen. Der
Gemeindebund startet daher eine Kampagne, in der Gemeinden Resolutionen
beschließen sollen. Auch ein neues Wahlrecht steht auf der Agenda des
Gemeindebundes.
"Wer bestellt, der muss auch zahlen", sagt
Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, wenn er über die Abschaffung des
Pflegeregresses spricht. "Der Bund hat die Regressmöglichkeit
abgeschafft, für mich ist logisch, dass er daher auch die daraus
entstehenden Folgekosten übernimmt." Diese Kosten dürften weit höher
liegen als jene 100 Millionen Euro, die als Refundierung pro Jahr
vorgesehen sind.
"Es geht ja nicht nur um den Einnahmenentfall durch
den nicht mehr möglichen Regress", erklärt Riedl. "Es müssen neue
Heimplätze geschaffen werden, weil der Druck steigen wird. Viele, die
aus Sorge vor Regresszahlungen bisher nicht um einen Heimplatz angesucht
haben, werden das nun tun. Auch die Menge der bisherigen Selbstzahler
wird wegfallen", so Riedl. "Die Bundesländer haben den unmittelbaren
Finanzierungsbedarf mit mindestens 200 Millionen Euro angegeben,
Experten sagen uns, die Jahreskosten werden sich eher zwischen 300 und
400 Millionen Euro einpendeln. Das ist für die Länder und Gemeinden
schlichtweg unfinanzierbar." Auch die vereinbarten Budgetziele im
Stabilitätspakt seien auf diese Weise nicht einzuhalten.
"Wir brauchen hier dringend eine nachhaltige Lösung,
die eine ehrlich gerechnete Kostenrefundierung beinhaltet", so Riedl.
"Die Gemeinden haben sich zu ausgeglichenen Haushalten verpflichtet,
dieses Ziel wollen wir einhalten."
Um die Drastik der Lage klar zu machen, hat der
Gemeindebund eine Initiative gestartet, bei der die Städte und Gemeinden
Resolutionen beschließen sollen, um ihrem Standpunkt gegenüber der
Bundesebene Nachdruck zu verleihen. "In den nächsten Wochen sollen diese
Resolutionen in den Gemeindevertretungen beschlossen und den
zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung übermittelt werden. Wir
werden weiterhin die Verhandlungen suchen, um eine zufriedenstellende
Lösung zu erreichen", so Riedl.
Gesetzesinitiative für Kostenbremse in Vorwahlzeiten
Gerade in Vorwahlzeiten sind in den letzten Jahren
immer wieder Beschlüsse im Nationalrat gefasst worden, die erhebliche
Kostenfolgen verbunden waren. „Aus meiner Sicht ist das so nicht
sinnvoll“, sagt Riedl. „Hier entstehen Kosten, die einer künftigen
Regierung „umgehängt“ werden.“
Der Gemeindebund wird der neuen
Bundesregierung eine Gesetzesinitiative vorschlagen, durch die
budgetrelevante Beschlüsse in Vorwahlzeiten künftig nicht mehr möglich
sein sollen. „Im Grunde muss man nur festhalten, dass ab einem formalen
Neuwahlbeschluss keine budgetwirksamen Maßnahmen beschlossen werden
können“, so Riedl. „Der laufende Betrieb und Budgetvollzug wäre davon
natürlich nicht betroffen.“ Es sei nicht sinnvoll, dass de facto vor
jedem Wahlgang im „Spiel der freien Kräfte“ Dinge beschlossen werden,
die zu Lasten kommender Regierungen und anderer Gebietskörperschaften
gehen.
Wahlrechtsreform sollte nicht aufgeschoben werden
Auch eine Wahlrechtsreform will der
Gemeindebund-Chef antreiben und in die Regierungsverhandlungen
einbringen. "Seit Jahren reden wir über diese Reform, es gibt
weitgehende Einigkeit darüber, was verändert werden sollte, ich sehe
wenig Gründe, warum man das nicht rasch umsetzen sollte", so Riedl. Die
Vorschläge des Gemeindebundes liegen auf dem Tisch und beinhalten
folgende Punkte:
- Ausbau und Verbesserung der Briefwahl
Die
Möglichkeit der Briefwahl bzw. der Stimmabgabe mit Wahlkarte gewinnt an
Bedeutung und wir bei jedem Wahlgang intensiver wahrgenommen. Der
Ausbau und die größtmögliche Sicherheit der Briefwahl müssen zentrales
Element einer Wahlreform sein
- Auszählung der Briefwahlstimmen am Wahltag
Die
Auszählung der Briefwahlstimmen direkt auf Gemeindeebene wäre ein
sinnvoller Schritt. Man hat noch am Wahltag ein vollständiges Ergebnis,
zuordenbar nach Gemeinden und Sprengeln. Auf Landesebene funktioniert
diese Variante einwandfrei und hat nie zu Problemen geführt. Dafür nötig
ist u.a. die Abschaffung der Möglichkeit, mit der Wahlkarte in einem
sprengelfremden Wahllokal zu wählen.
- Verlängerung der Frist für Wahlvorschläge
Der
Zeitpunkt der Einbringung von Wahlvorschlägen sollte um eine Woche
vorverlegt werden, damit Wahlkarten früher ausgestellt und versandt
werden können.
- Auflage der Wählerverzeichnisse
Abschaffung
der Auflage von Wählerverzeichnissen am Wochenende und Abendstunden.
Vollständiger Umstieg auf zentrales Wählerregister, Einsichtnahme in
digitaler Form ermöglichen.
- Erweiterung des Wahlbeisitzer-Systems
Es
wird immer schwieriger, ausreichend Wahlbeisitzer/innen zur
Durchführung einer Wahl zu gewinnen. Sehr häufig nehmen Parteien ihr
Nominierungsrecht bzw. ihre Nominierungspflicht nicht wahr. Der
Gesetzgeber sollte die Möglichkeit schaffen, dass sich Menschen als
Wahlbeisitzer zur Verfügung stellen können, die nicht von Parteien
nominiert wurden. Menschen, die sich dazu bereit erklären, sollen sich
direkt bei der Wahlbehörde (Gemeinde) melden können und nach Einschulung
einen Pool an Beisitzern bilden, aus dem die Gemeinde schöpfen kann.
Eine bundesweit einheitliche Entschädigung kann nur kommen, wenn der
Bund dafür die Kosten trägt.
- Zentralisierung der Wahlinformation
Der
bundesweite, zentral organisierte Versand der Wahlinformationen wäre
sinnvoll. Derzeit sind die Gemeinden dafür allein zuständig bzw.
delegieren das.
- Kein vorgezogener Wahltag
Die
Einführung eines zweiten, vorgezogenen Wahltags hält der Gemeindebund
nicht für sinnvoll. Die Erfahrungen zeigen, dass die Wahlbeteiligung
dadurch nicht dauerhaft steigt, Aufwand und Kosten hingegen schon.
Die Resolution zum Download