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Im Zusammenhang mit aktuellen Masernerkrankungen in Österreich ist erneut eine Debatte um Schutzimpfungen entbrannt. Neuer Aspekt der Diskussion: Auch das Schularztsystem soll reformiert werden - so sehen es zumindest die Pläne des Gemeindebundes vor. „Derzeit werden jährlich schätzungsweise 30 bis 40 Mio. Euro pro Jahr (Gesamtkosten Bund, Länder, Gemeinden) für das Schularztwesen ausgegeben, allerdings ohne erkennbaren Mehrwert - weder für den Schüler, für die Eltern, für die Lehrer, die Gesundheitspolitik, noch für die Volksgesundheit insgesamt“, kritisiert Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.
Dazu komme, dass das Schularztwesen in jedem Bundesland unterschiedlich ausgestaltet ist „von der Organisation, über die Ausstattung der Räumlichkeiten, bis hin zur Durchführung der Untersuchung“, so Riedl. Die Kritik des Gemeindebundes: „Dem hohen finanziellen Aufwand steht weder ein Nutzen gegenüber, noch gibt es nachhaltig verwertbare oder dokumentierte Gesundheitsdaten“, weiß der Gemeindebund-Chef.
Diese Tatsache will der Gemeindebund zum Anlass nehmen und das längst nicht mehr zeitgemäße Schularztsystem mitsamt den Doppelgleisigkeiten durch ein effizientes, bundesweit einheitliches System ersetzen, das nicht nur einen tatsächlichen Mehrwert bringen, sondern auch eine lückenlose Dokumentation mitsamt der erhobenen Gesundheitsdaten sicherstellen soll. All das gibt es bis dato nicht.
Interessantes Detail: „Im Jahr 2018 ist eine Bestimmung in Kraft getreten, die erstmals Schulärzte verpflichtet, Schutzimpfungen einschließlich elektronischer Dokumentation, Kontrolle des Impfstatus und Impfberatung durchzuführen“, sagt Riedl. Erreicht wurde damit nichts. Im Gegenteil: „Einerseits geht die Zahl der Schulärzte zurück. Andererseits lehnen immer mehr Schulärzte aus haftungsrechtlichen Gründen die Durchführung von Impfungen ab. Daher sind zahlreiche Bundesländer davon abgegangen, Schulärzten diese Aufgabe zu übertragen“, merkt Alfred Riedl an.
„Gerade im Zuge der derzeitigen Evaluierung des Mutter-Kind-Passes, der in diesem Jahr sein 45-jähriges Bestehen feiert, ist es doch mehr als naheliegend, über eine Erweiterung bis zur Volljährigkeit dieses wichtigen und hervorragend geeigneten Instruments nachzudenken. Dabei muss die Evaluierung auch mit einer Reform des derzeitigen Schularztsystems einhergehen, um Doppelgleisigkeiten zu beseitigen“, schlägt Alfred Riedl vor. „Wir wissen, dass der Mutter-Kind-Pass in den ersten Lebensjahren für eine hohe Impfbeteiligung sorgt. Deswegen wäre es vernünftig, den Pass zum zentralen Gesundheitsdokument für Eltern, Kind und Hausarzt zu machen – nicht zuletzt auch als Basis für die Durchführung des gesamten (kostenfreien) Impfprogramms.
In der Folge könnten - so die Pläne des Gemeindebundes - Untersuchungen nicht mehr in der Schule durch den Schularzt, sondern bei einem Arzt (Hausarzt, Kinderarzt) und damit in einer Ordination durchgeführt werden. Damit die Untersuchungen beim Arzt des Vertrauens (Hausarzt, Kinderarzt) auch tatsächlich gemacht werden, ist für den Gemeindebund statt einer Pflicht auch eine Koppelung an die Gewährung von Sozialleistungen denkbar. „Auch jetzt schon müssen Eltern für den vollständigen Bezug des Kindergeldes eine entsprechende Dokumentation des Mutter-Kind-Passes vorweisen. Ähnlich könnte das auch für die Ausweitung des Mutter-Kind-Passes bis zur Volljährigkeit gestaltet werden“, so der Gemeindebund-Chef.
Nach den Vorstellungen des Gemeindebundes sollten die Untersuchungen alle Angelegenheiten beinhalten, die für die Kinder- und Jugendgesundheit heute und in Zukunft erforderlich sind (Anamnese, Vorsorge, Krankheitsbilder, Mangelerscheinungen, Defizite, Risikofaktoren, chronische Erkrankungen, Fehlentwicklungen, Entwicklungsstatus, Zahngesundheit, Impfprogramm, Impfstatus, Impfberatung, Allergien, Therapieempfehlung, Infektionskrankheiten, Suchtmittelprävention etc.). Die Verantwortung der Untersuchungen sollte im Rahmen ihrer Obsorge- und Fürsorgepflichten wieder mehr die Eltern (Erziehungsberechtigten) übernehmen. Für die anderweitigen Untersuchungen (Schulreife, Schulstufensprünge, Fächerbefreiungen) wäre ebenfalls die Durchführung des Haus- oder Kinderarzt denkbar, der Schularzt damit künftig nicht zwingend erforderlich.
Die Vorteile eines erweiterten bundeseinheitlichen Mutter-Kind-Passes liegen für den Gemeindebund auf der Hand: Damit wären nicht nur ein bundesweites Gesamtbild (des Zustandes) der Kinder- und Jugendgesundheit (Zahngesundheit, Seh- und Hörbehinderungen, Übergewicht, Durchimpfungsrate, etc.) sondern auch anonymisierte (!) Auswertungen regional, lokal und sogar bis auf den Schulstandort hinuntergebrochen möglich. Auf diese Weise wäre es auch möglich gezielt bundesweite und spezifisch angepasste regionale, lokale und bis auf den Schulstandort heruntergebrochene Gesundheitsprojekte und Initiativen, Gesundheitsschwerpunkte, Aufklärungs- und Informationskampagnen sowie Präventionsprogramme durchzuführen. Alfred Riedl abschließend: „Nachhaltig dokumentierbare, bundeseinheitliche Gesundheitsdaten würden einen längst überfälligen Mehrwert bringen und ein hilfreiches Instrument zur Gesundheitsvorsorge von Kindern- und Jugendlichen darstellen.“
27.03.2019
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