Politische Taktiererei kommt beim Bürger nicht gut an

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GVV-Präsident Alfred Riedl im Sommerinterview

Vor der politischen Sommerpause sprach die NÖGemeinde mit GVV-Präsident Alfred Riedl über aktuelle gemeindepolitische Themen, die Streitereien im Land und über die Vorbereitungen zur Gemeinderatswahl 2010.

Der GVV hat erst kürzlich den Kommunalgipfel erfolgreich mitverhandelt.Was bedeutet das erzielte Ergebnis für die Gemeinden?

"Grundsätzlich ist unser Ziel, Planungssicherheit und Investitionsspielraum für die wichtigen kommunalen Aufgaben zu erhalten. Denn die Gemeinden sind die größten öffentlichen Auftraggeber, die in die regionale Wirtschaft investieren und Konjunkturimpulse für mittelständische Unternehmen setzen. Die Gemeinden müssen also den Spagat schaffen, einerseits kommunale Aufgaben zu finanzieren und andererseits gleichzeitig Investitionsspielraum aufzuweisen. Die Zeit der großen Infrastrukturinvestitionen und der Wiederaufbauphase ist im wesentlichen abgeschlossen. Jetzt geht es um die Arbeitsplatzsicherung und um ein soziales Netz. Daher werden die Schwerpunkte ein bisschen anders gesetzt. Beim Kommunalgipfel haben wir die Herausforderung ganz gut genutzt, medizinische Standards und sozialen Ausgleich abzusichern und trotzdem Planungssicherheit in der Finanzgebarung zu erhalten. Das haben wir unter den gegebenen Umständen ganz gut geschafft."

Die Belastungen der Gemeinden liegen vor allem im Bereich der Sozialhilfe. Derzeit wird gerade mit Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden an einem Modell der Mindestsicherung gearbeitet. Was erhoffen Sie sich davon?

"Bei der Mindestsicherung müssen wir aufpassen, dass sie nicht Arbeitsverhinderung und Demotivation mit sich bringt. Es kann ja nicht seinm dass Teilzeitjobs plötzlich unattraktiv werden, nur weil es die Mindestsicherung gibt. Die Mindestsicherung ist dazu da, Sicherheit zu geben und gleichzeitig auch Motivation für jeden Betroffenen zu sein, Arbeit zu suchen und diese anzunehmen. Wir erwarten uns, dass im Modell der Mindestsicherung notwendige soziale Treffsicherheit berücksichtigt wird."

Diskutiert wird außerdem über ein bundesweit geltendes Pflegemodell. Niederösterreich geht in der Pflege wieder einmal seinen eigenen Weg, wird es auch dabei bleiben?

"Niederösterreich hat für sich den Anspruch gestellt, Modellregion werden zu wollen und zu sein. Und wenn ich mir das im Vergleich zu anderen Bundesländern anschaue, so ist uns das auch sehr gut gelungen. Pflege, egal ob man angestellt oder selbständig ist, kann nur dann funktionieren, wenn man es sich leisten kann. Deswegen ist unsere Diktion auch, Pflege muss für jeden leistbar sein, der sie braucht. Das bedeutet, dass es zum einen ohne öffentliche Unterstützung nicht möglich sein wird Pflege in Zukunft zu finanzieren. Zum anderen ist aber auch Vorsorge zu tragen, dass die öffentliche Hand eine Ausgleichsgerechtigkeit organisiert. Modelldebatten über Pflegefonds oder Spekulationssteuer sind daher angebracht, um einen gerechten Ausgleich zu finanzieren. Ich bin überzeugt, dass die Zeit reif ist für derartige Modelle. Denn die Last am Faktor Arbeit wird den Sozialstaat alleine nicht finanzieren können."

In Niederösterreich kümmert sich die Politik nicht nur um die Bürger, sondern auch um die soziale Situation der Bürgermeister. Welches Anliegen verfolgt der GVV in dieser Frage?

"Das Amt des Bürgermeisters hat sich in den letzten Jahren zunehmend vom bewahrenden Verwalter hin zum gestaltenden Manager verändert. Dass das finanziell und sozialrechtlich entsprechend gewürdigt werden sollte, hat uns die Wissenschaft bereits bestätigt. Es nicht sein, dass eine persönliche Assistentin im Schnitt fast gleich viel wie ein Bürgermeister verdient. Das steht in keiner Relation. Aus diesem Grund haben wir nun auch Prof. Mazal gebeten, sich Gedanken darüber zu machen, wo die Druckpunkte, wo die Sorgen und Sensibilitäten der Bürgermeister liegen, um bessere finanzielle und sozialrechtliche Anreize für das Amt des Bürgermeisters zu schaffen. Was wir nicht anstreben, ist der hauptamtliche Bürgermeister. Im Herbst rechnen wir mit den Ergebnissen der Bürgermeister-Studie und wollen diese dann auch der Öffentlichkeit präsentieren."

Der politische Sommer hat in Niederösterreich sehr hitzig begonnen, Stichwort Budgetstreitereien zwischen SP und VP. Wie soll es im Herbst weitergehen?

"Ich denke, dass die Bevölkerung einen Streit grundsätzlich nicht verstehen. Die Gewählten sind nur deswegen gewählt worden, weil man ihnen einen Auftrag zur Arbeit erteilt hat. Für Parteitaktiererei hat niemand Verständnis. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die politische Taktiererei der Sozialdemokraten beim Bürger gut ankommt. Niederösterreich war und ist noch immer geprägt von Konsens in der Arbeit für unsere Landsleute. Deswegen hoffe ich, dass wir bald zur sachorientierten Arbeit zurückfinden. Denn auf die Verhältnisse im Bund können wir verzichten."

Die Gemeinderatswahl kommt mit großen Schritten näher. Welche Überlegungen und Schwerpunkte seitens des GVV gibt es dazu?

"Unser Serviceangebot, unsere Rechtsberatungen unser Informations- und Ausbildungsangebot werden natürlich zunehmend intensiviert. Unsere Gemeinden haben am Tag nach der Wahl die intensive Arbeit aufzunehmen und werden diese auch bis Anfang 2010 fortsetzen, um dann in einer kurzen Wahlbewegung sich um ein gutes Zeugnis anzustellen."

15.08.2008