Der 66. Österreichische
Gemeindetag in Graz steht ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit. Die
Gemeinden sind Vorbilder und Vorreiter beim Klimaschutz und stellen in
turbulenten Zeiten eine starke Konstante für die Bürger dar, betont
Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl bei der Eröffnung.
"Der Österreichische Gemeindetag ist die
größte kommunalpolitische Veranstaltung in Österreich, wo mehr als 2.000
Bürgermeister und Gemeindevertreter der Republik klar und deutlich
zeigen, dass nichts ohne die Gemeinden geht", begrüßte
Gemeindebund-Präsident Bürgermeister Alfred Riedl Kommunalpolitikerinnen
und Kommunalpolitiker aus ganz Österreich am 66. Gemeindetag von 27.
bis 28. Juni 2019 in Graz.
"Die Entwicklungen der letzten Wochen haben es klar
und deutlich gezeigt: Die einzige Konstante im Vertrauen der Bürger
sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, diejenigen, die sich
täglich um die Sorgen der Menschen kümmern", erklärte Riedl.
Spitzenpolitiker unter den Ehrengästen
In diesem Jahr konnte der Gemeindebund-Präsident
zahlreiche Spitzenpolitiker und Spitzenpolitikerinnen zur Haupttagung in
der Messerhalle Graz begrüßen. Unter ihnen Bundespräsident Alexander
Van der Bellen, Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, Nationalratspräsident
Wolfgang Sobotka, Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und den Grazer
Bürgermeister Siegfried Nagl. "Dass die Spitzen der Republik heute bei
uns sind, zeigt, welch hohen Stellenwert die Kommunen als Verwaltungs-
und Politikebene haben und welche Verantwortung wir in den 2.096
Gemeinden tragen," so Riedl.
Bei Wahlzuckerln zahlen die Gemeinden drauf
Zu Beginn seiner Rede ging der Gemeindebund-Chef auf
die innenpolitische Entwicklung der letzten Wochen ein und dankte dabei
dem Bundespräsidenten für seine umsichtige Amtsführung und freute sich,
dass Bundeskanzlerin Bierlein gleich zu Beginn ihrer Amtszeit bei der
größten kommunalpolitischen Veranstaltung des Landes dabei ist, nicht
ohne ihr einen Rucksack an Anliegen mitzugeben.
"Die Gemeinden brauchen auf Bundesebene
Ansprechpartner, die verstehen, was die Bürgermeisterinnen und
Bürgermeister für ihre Arbeit vor Ort brauchen", so Riedl, der
eindringlich vor unüberlegten Wahlzuckerln auf Kosten der Gemeinden
warnte. "Die zahllosen Initiativ- und Fristsetzungsanträge im
Nationalrat zeigen gerade, dass das freie Spiel der Kräfte manche zu
populistischen Schnellschüssen verleitet. Ich appelliere an die Vernunft
aller Parlamentarier: Die Zeche zahlen nicht die Abgeordneten, sondern
die Gemeinden und die Bürgerinnen und Bürger", betonte der Präsident des
Gemeindebundes.
Jubiläum für Gemeindebund
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat rund um
die Regierungsumbildungen immer wieder die Schönheit und Eleganz der
Bundesverfassung betont. Auch der Gemeindebund-Präsident lobte in seiner
Ansprache die Verfassung, vor allem wegen zwei Paragrafen, die in
diesem Jahr auch ein "Jubiläum" feiern. Seit 30 Jahren ist der
Gemeindebund verfassungsrechtlich verankerte Interessensvertretung der
österreichischen Gemeinden und seit 20 Jahren gibt es den
Konsultationsmechanismus, der den Gemeinden die Möglichkeit gibt, sie
vor übergebührlichen Einflüssen von außen zu schützen.
"Nur weil wir so stark in der Verfassung verankert
sind, können wir uns mit aller Kraft auf Bundesebene einmischen",
erklärte Riedl und forderte, "dass wir nun endlich auch Vertragspartner
bei den 15a-Vereinbarungen werden, damit dieses leidige Hin und Her, wie
bei der Finanzierung der Kinderbetreuung ein Ende hat."
Glasfaserleitungen sind die Autobahnen von morgen
Das Motto des 66. Österreichischen Gemeindetages
"Vielfältig. Nachhaltig" beschreibt für Alfred Riedl wichtige
Standortfaktoren der Gemeinden: "Von Energieeffizienz über innovative
Mobilitätskonzepte bis hin zu verantwortungsvoller Raumplanung: In
Sachen Klimaschutz sind die Kommunen mit vielen erfolgreiche Beispielen
Vorbilder und Vorreiter."
Als Beispiele nannte er dabei die 95
Energie-Modellregionen, die flächendeckende LED-Umstellung, der geplante
"Gründe Ring" rund um Wien, Photovoltaikprojekte in zahlreichen
Gemeinden und auch E-Mobilitätsprojekte: "Wir sehen: In den letzten
Jahren ist die Nachhaltigkeit und der Klimaschutz in fast allen
Gemeindestuben angekommen – die vielen innovativen kleinen und große
Projekte zeigen, dass die Gemeinden am richtigen Weg sind", betonte
Riedl. Wenn es um Nachhaltigkeit geht, müsse man auch an die digitale
Infrastruktur der Zukunft denken, wobei Riedl einen Glasfaserfonds
forderte, der den flächendeckenden Ausbau der wichtigen kommunalen
Infrastruktur organisieren soll, da "die Glasfaserleitungen, die
Autobahnen von Morgen sind."
Kompetenzentflechtung in der Bildung
"Das größte Unwort für die Gemeinden ist die
'Anschubfinanzierung', so wie wir es zuletzt beim Ausbau der schulischen
Tagesbetreuung gesehen haben", erklärte Riedl. Aktuell zeichnet sich
zwar eine Einigung im Nationalrat für den Beschluss des
Bildungsinvestitionsgesetzes ab, aber die Debatte greift zu kurz. Den
österreichischen Gemeinden wurden viel zu viele Aufgaben im
Bildungsbereich übertragen. "Deswegen ist es auch höchst an der Zeit,
die Kompetenzen und Zuständigkeiten im Schulsystem neu zu ordnen", so
Riedl.
Der Gemeindebund ist schon länger der Meinung, dass
Freizeitpädagogen, Sekretariatskräfte, Unterstützungspersonal, wie
Sozialarbeiter, sowie Tablets für die Schüler nicht Aufgabe der
Gemeinden sind. Mit einem Gutachten, das die Meinung des Gemeindebundes
bestätigt, forderte Alfred Riedl auch am Gemeindetag die Neuordnung des
Bildungssystems: "Alles Personal muss in eine Hand. Die Gemeinden
kümmern sich nur um die Infrastruktur und sorgen für Erhalt und Ausbau
der Schulgebäude. Alles was die Pädagogik betrifft – vom Unterricht bis
zur Betreuung – kann nicht Aufgabe der Gemeinden sein."
Regionenübergreifendes Denken gefragt
"Wer über Vielfalt spricht, muss den ländlichen Raum
im Auge haben. Immer mehr Menschen wollen dort arbeiten, wo sie leben.
Das fordert die Gemeinden und verlangt die nötigen Infrastrukturen",
betonte der Gemeindebund-Chef. Im Zusammenspiel zwischen Stadt und Land,
brauche es ein neues Miteinander, mehr Denken in Regionen und mehr Mut.
Zum Abschluss bedankte sich Alfred Riedl bei den
Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, den Gemeindevertreterinnen und
Gemeindevertretern: "Ihr findet seit jeher lokale Antworten auf die
globalen Herausforderungen. Ihr seid die ersten Ansprechpartner bei den
Sorgen eurer Bürger. Ihr genießt höchstes Vertrauen, weil ihr euch für
die Gemeinschaft, euer Lebensumfeld und die Gesellschaft einsetzt. Ihr
könnt voller Stolz sagen: Nichts geht ohne die Gemeinden."