Staatsschulden: Kein Spielraum für Steuerreform

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Die Regierung hat erst jüngst Steuerentlastungen in Aussicht gestellt. In Wahrheit gibt es dafür aber keinen Spielraum. Der Staatsschuldenausschuss warnt sehr deutlich vor Steuersenkungen, der Schuldenabbau sei wichtiger. "Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte muss in den nächsten Jahren auch Vorrang vor Steuerreformen haben, die mit einer Verringerung der Staatseinnahmen einhergeht", so lautet gleich die erste Empfehlung des Gremiums, in dem sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber, Bund, Länder und Gemeinden vertreten sind.

Einmal jährlich tritt der Staatsschuldenausschuss mit zusammengefassten Daten über die Finanzlage des Bundes, der Länder und der Gemeinden an die Öffentlichkeit. Nach der Analyse folgt die Empfehlung des Gremiums, nicht immer zu Freude der politischen Ebenen. Chef des Gremiums ist Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer, der sich weder in der Analyse, noch in den Empfehlungen ein Blatt vor den Mund nimmt.

Keine Steuerreform, "weil das in Mode ist"

Man sei nicht für eine Steuerreform, wie sie "offenbar gerade in Mode ist" und die kommende Wahl bestimmen solle, sagt Felderer bei der Präsentation des Berichts über die öffentlichen Finanzen 2010. Der Schuldenabbau müsse Priorität haben vor Steuersenkungen; und er hoffe nicht, dass daran gedacht werde, Österreich durch Steuererhöhungen zum Abgaben-Weltmeister zu machen, warnt Felderer auch vor neuen Steuern. Die Abgabenquote hierzulande liegt nämlich bereits jetzt im absoluten Spitzenfeld.

Besonders die Bundesländer haben in den letzten Jahren ihre Schulden deutlich erhöht, die Gemeinden sind sehr stabil geblieben. Kritik an hoher Abgabenquote

So ist Österreich mit einer Abgabenquote von 44,4 Prozent 2011 am Weg, mit Schweden (46,1 Prozent) gleichzuziehen oder es sogar zu überholen, das traditionelle Hochsteuerland hat seine Quote nämlich von 2010 auf 2011 leicht gesenkt. Eine höhere Abgabenquote als Österreich haben neben Schweden nur noch Frankreich (45,2), Belgien (46,4) und Dänemark (47,4).

Trotz dieser hohen Steuerbelastung gibt Österreich mehr aus als es einnimmt. Der langjährige Vergleich zeigt, dass die Staatseinnahmen-und Staatsausgaben immer weiter auseinanderklaffen. Während die Einnahmen im Zehnjahresschnitt um 2,6 Prozentpunkte gewachsen sind, sind die Ausgaben um 3,6 Prozentpunkte gestiegen. Die Einnahmenquote betrug 2010 48,3 Prozent des BIP, die Ausgabenquote dagegen lag bei 52,9 Prozent.

Defizit reduziert sich dank guter Konjunktur

Ein besonderes Problem ist der Abbau des strukturellen Defizits (jener Teil des Staatsdefizits, der nicht auf konjunkturelle Schwankungen zurückzuführen ist), dieser entwickelt sich nämlich langsamer als der Abbau des Gesamtdefizits. Der Rat der Europäischen Union hat Österreich eine strukturelle Budgetkonsolidierung von durchschnittlich mindestens 0,75 Prozent des BIP zwischen 2011 und 2013 jährlich empfohlen. Das wird allerdings nicht erfüllt, der Rückgang von 2011 auf 2012 beträgt nur 0,3 Prozent. Anders gesagt: Österreich reduziert sein Defizit hauptsächlich dank der guten Konjunktur.

Auch in den kommenden Jahren werden die Schulden in absoluten Zahlen noch leicht steigen, prozentuell sollen sie deutlich sinken. Grundsätzliche Reform des Finanzausgleichs nötig

Der Staatsschuldenausschuss regt weiters eine grundlegende Reform des Finanzausgleiches an, die mit dem Finanzausgleich 2015 umgesetzt werden solle. Ziel müsse es sein, die Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverantwortung der Gebietskörperschaften zusammenzuführen. Länder und Gemeinden soll mit anderen Worten mehr Steuerautonomie und damit Kostenbewusstsein bekommen.

Gemeinden haben sich gut gehalten

Wobei die Verschuldungsentwicklung der Länder und Gemeinden im Vergleich zeigt, dass sich die Gemeinden über die Jahre gut gehalten haben und nur krisenbedingt stärker unter Druck gekommen sind. Felderer glaubt aber, dass sich das wieder beruhigen wird. Bei den Ländern dagegen wächst die Verschuldung ungehalten seit 2004, also schon weit vor der Krise. Während die Schulden der Gemeinden zwischen 2004 und 2010 von 4,9 auf 7,9 Mrd. Euro gestiegen sind, haben sich jene der Länder von sechs auf 16 Mrd. Euro fast verdreifacht.

10.07.2011