Wer haftet bei Unfällen im Gemeindebad?

Achtung: dieser Eintrag ist nicht mehr aktuell!

Rutschen, Sprungbretter, Kletterwände...das Angebot in den Freibädern wird immer aufwändiger und spektakulärer. Viele Gemeinden betreiben selbst Bäder und Freizeitanlagen. Doch wer haftet bei Unfällen? Dr. Martin Huber, Jurist und Direktor des Salzburger Gemeindeverbandes, klärt auf.

Die Rekordhitze im heurigen Juli sorgt für einen Besucheransturm in den kommunalen Freibädern, Strandbädern und Badeteichen. Dort wo unsere Badegäste Abkühlung suchen, kann es manchmal „heiß“ hergehen – vor allem, wenn das Badevergnügen mit einem gewissen Nervenkitzel verbunden werden soll: riesige Luftkissen, Kletterwände, Rutschen und Bahnen in allen Schwierigkeitsgraden, Längen und Formen – das Angebot wird immer aufwendiger und spektakulärer.

Allgegenwärtige Aufsicht ist nicht möglich
Ob bei Unfällen, die in Zusammenhang mit der Nutzung derartigen Anlagen stehen, die Gemeinde als Badeanlagenbetreiber zur Haftung herangezogen werden kann, hängt – wie so oft – von den konkreten Umständen im Einzelfall ab. Das die Gemeinde nicht für „alles und jedes“ haftbar gemacht werden kann, unterstreicht eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) aus dem Jahr 2005 (OGH vom 23.5.2005, GZ 10Ob44/05a).
 
Nicht überall ist eine „allgegenwärtige Aufsicht“ geboten bzw. möglich
Der konkrete Fall trug sich in einer Kärntner Gemeinde zu. Der damals zehn Jahre alte Kläger schwamm, nachdem er seinem Bruder beim Aufstieg geholfen hatte, ein kleines Stück vom sog. „Eisberg“ – einem künstlichen Kletterturm, der zu den Anlagen des Strandbades gehört – weg und wurde von einem unbekannten herabspringenden Badegast so unglücklich getroffen, dass er erhebliche Verletzungen erlitten hat.

Dem Vorwurf, dass die Gemeinde die geschaffene „Gefahrenquelle Eisberg“ nicht gehörig – insbesondere durch den Einsatz einer entsprechenden Aufsichtsperson – gesichert hat, folgte das Höchstgericht nicht und bestätigte die Abweisung des Klagebegehrens. Im wesentlichen folgte der Gerichtshof den Argumenten der Vorinstanz, wonach es eine Überspannung der Verkehrssicherungspflichten bedeuten würde, wenn sich der Badewart ständig beim Klettergerüst aufhalten müsse.

Badegäste tragen auch Eigenverantwortung
Der Umfang und die Intensität der Verkehrssicherungspflichten richten sich vor allem danach, in welchem Maß die Badegäste selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können. Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann, so die Höchstrichter, immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden; entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr „möglich und zumutbar“ sind. Hinzu kommt, dass der konkrete Unfall auf ein „völlig unvernünftiges und leichtsinniges“ Verhalten eines anderen Badegastes zurückzuführen war, für das der Badeanlagenbetreiber nicht zur Verantwortung gezogen werden kann.

Die Gemeinde ist zwar verpflichtet, die ihren Gästen zur Verfügung gestellten Anlagen in einen solchen Zustand zu versetzen und zu erhalten, dass die Gäste bei ordnungsgemäßer Benutzung keinen Schaden erleiden; die Auffassung der klagenden Partei, wonach beim „Eisberg“ sich ständig eine, den Aufstieg und Absprung der Kinder koordinierende Aufsichtsperson hätte aufhalten müssen, würde einer Überspannung der Verkehrssicherungspflichten nachkommen.

15.07.2010