Werkzeug, das Bürgermeister stärkt

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Werkzeug, das Bürgermeister stärkt

Im Bereich der Raumordnung hat das Land Niederösterreich eine Novelle in Begutachtung geschickt, die u.a. für  Gemeinden das Thema Baulandmobilisierung beinhaltet. Im Interview stellt Landesrat Stephan Pernkopf die Eckpunkte der für die Bürgermeister wichtigen Neuerungen vor.

1.    Herr Landesrat, im Bereich der Raumordnung will man jetzt neue Wege gehen, um ungenutztes Bauland besser zu mobilisieren - dazu wurde kürzlich eine Gesetzesnovelle in Begutachtung geschickt. Was beinhaltet die Novelle konkret?

LR Stephan Pernkopf: „Wir wollen den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern mit der Baulandumlegung ein neues Werkzeug in die Hand legen, das vergleichbar mit der Kommassierung in der Landwirtschaft ist. D. h man kann als Bauland gewidmete Flächen auch bei einer Mehrheit der Grundstückseigentümer gegen einzelne umlegen und damit quasi Bauplätze direkt an angrenzendes Siedlungsgebiet schaffen. D.h.es ist nicht per se gegen Eigentum, sondern es ist eine Möglichkeit, Bauland verfügbar zu machen. Und hier gibt es schon Erfahrungen mit anderen  Bundesländern wo das gut funktioniert. Und deswegen ist es für uns ein akzeptables Werkzeug, das eine sinnvolle Siedlungsentwicklung ermöglicht und gleichzeitig die Freiheiten des Einzelnen nur so weit wie notwendig einschränkt.“

2.    Die Novelle sieht vor, dass Bürgermeister künftig mehr Mitsprache haben sollen? Wie muss man sich das genau vorstellen?

LR Pernkopf: „Bisher war die Umlegung nur auf freiwilliger Basis aller Grundstückseigentümer möglich. Damit konnten hochwertige Erweiterungsgebiete von einem Einzelnen blockiert werden. Und das wollten wir ändern. Deswegen haben wir befunden, dass die  Zustimmung der Eigentümer von mehr als der Hälfte der Flächen reichen muss, um die Umlegung von Amtswegen einzuleiten. Wir haben hier im Bereich der landwirtschaftlichen Kommassierung – das ist genau das selbe System – schon sehr gute Erfahrungen gemacht. Es kommt ja eigentlich nur zu einem Grundtausch. Für mich ist es ein Werkzeug,  das vor allem die Verhandlungsposition der Bürgermeister stärkt. Das heißt ja noch lange nicht, dass es zu dieser Maßnahme kommen muss. Aber der Bürgermeister hat im Extremfall eine Handhabe in der Hand – und vielleicht kann man alleine mit diesem Werkzeug, das zusätzlich zur Verfügung steht, schon manche davon überzeugen, dass sie diesen Weg gehen.

3. Die Rolle der Gemeinden bzw. der Bürgermeister wird demnach nicht ganz einfach. Was raten Sie den Bürgermeistern, hier vorzugehen?

LR Pernkopf: „Da mach ich mir überhaupt keine sorgen. Unsere Bürgerrmeisterinnen und Bürgermeister sind Profis genug. Die können mit dem Thema umgehen. Und wie gesagt, es ist  gewisses sanftes Druckmittel, wo es um nichts anderes als einen Grundtausch mit Nachdruck geht. Man hat damit ein Werkzeug in der Hand und ist nicht nur vom Wohlwollen eines Einzelnen abhängig. Ich sehe es als Erweiterung des umfangreichen Werkzeugkoffers – die meisten Gemeinden arbeiten jetzt schon mit Maßnahmen der Vertragsraumordnung, mit Bauzwang, mit Wiederankaufsrechten. Es ist ganz klar eine Stärkung der Bürgermeister in ihrer Verhandlungsposition.“

4. Was ist eigentlich der Grund für die Gesetzesnovelle, gibt es Anlassfälle?

Pernkopf: „In Niederösterreich liegen derzeit rund 20.000 Hektar gewidmetes Bauland brach. Viele Gemeinden haben keine Erweiterungsmöglichkeiten mehr, wenn man sich anschaut, dass zu viel unbebautes Bauland vorhanden ist. Und wenn die Flächen innen nicht genutzt werden können, dann muss man außen erweitern und da kommt es zu einer  ungewünschten Zersiedelung mit höheren Kosten. Und hier geht es auch um Kostenvermeidung - schließlich wird wertvoller Boden für die Landwirtschaft und die Natur weggenommen. Man kann es auch vergleichen mit dem Straßenbau: auch dort wird das Instrument der Enteignung nur in den seltensten Fällen angewendet. Wobei es im Unterschied zum Bauland eine finanzielle Abgeltung gibt. Aber es weiß jeder, wenn es eine sinnvolle Maßnahme im öffentlichen Interesse ist, kann es letztendlich zur Enteignung kommen. Wir haben hier durch das sanfte Druckmittel eine Möglichkeit der Einflussnahme in der Hand, das die Bürgermeister in ihrem Verantwortungsbereich sicher gut nutzen können. Hier handelt es sich um einen Tausch von Grundstücken, wobei dazu gesagt werden muss, dass einzelne Grundstücke im Nachhinein mehr Wert sind, weil sie danach bebaubar sind. Ein Grundstück, das vorher unbebaubar ist, weil es zu schmal ist  und keine Zufahrtsstraße hat, ist defacto wertlos. Es kann nämlich durchaus sein, dass ein Baulandstreifen Bauland gewidmet ist, aber nicht aufparzelliert ist. Wir versprechen uns mit der Neuregelung einen Vorteil, weil wenn ein Grundstück bis jetzt zu schmal war, kommt ein Grundstückseigentümer nun in die Position, dass er zu bebaubaren verkaufbaren Grundstücken kommt. Dieses Verfahren haben wir auch in der Landwirtschaft und funktioniert gut. Das ist für mich auch ein vertretbarer Eigentumseingriff.“

5.Wie geht das zusammen mit dem von Ihnen geforderten sorgsamen Umgang mit Bodenverbrauch. Fördere ich mit dieser Maßnahme nicht den Bodenverbrauch?

LR Pernkopf: „Ich will nur das Siedlungsgebiet künftig besser und sinnvoll erschließen. Den Bodenverbrauch steigern wir mit dieser Maßnahme keineswegs. Ich möchte mit dieser Maßnahme Baulücken vermeiden. Denn wir gehen davon aus, dass grundsätzlich sowieso gebaut wird. Aber wir wollen nicht, dass es zu unnötiger Zersiedelung kommt, sondern es zielführender ist, Baulücken innen zu bebauen.“

 

 

14.06.2016